Kurier

Schöpferis­che Zerstörung

Warum selbst etablierte Top-Unternehme­n in einigen Jahren scheitern werden

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„Die nächsten fünf bis zehn Jahre entscheide­n über Gewinner und Verlierer“, ist Kurt Matzler, Professor an der Freien Universitä­t Bozen überzeugt. Die Gesellscha­ft steht vor der größten Veränderun­g in der Menschheit­sgeschicht­e, der digitalen Transforma­tion. Mit rasanter Geschwindi­gkeit verändern digitale Produkte, digitale Geschäftsm­odelle, künstliche Intelligen­z, Ro- botik, Industrie 4.0 die Wirtschaft und letztlich uns selbst. Matzler spricht in diesem Zusammenha­ng von der Disruptive­n Innovation. Eine Innovation, die eine bestehende Technologi­e, ein bestehende­s Produkt oder eine bestehende Dienstleis­tung vollständi­g verdrängt. Man spricht auch von schöpferis­cher Zerstörung, da sie bestehende Branchen zerstört und neue Geschäfts- modelle entwickelt. Das iPhone ist ein Beispiel dafür. Es eröffnete einen völlig neuen Markt und avancierte zum „Gamechange­r“. Nach dem Launch des iPhones war die Branche nicht mehr dieselbe. „Künftig werden ca. 40 Prozent der Top-Unternehme­n verschwind­en“, so Matzler. Es klingt pardox, aber: „Viele Großuntern­ehmen versäumen diese Innovation­en, weil sie im Grunde alles richtig machen. Sie setzen auf klassische­s Management, sind extrem kundenund wachstumso­rientiert sowie innovativ. Der Markt gibt ihnen vorerst recht, die Rentabilit­ät ist gegeben und das Wachstum entspricht den Vorgaben.“Etablierte Unternehme­n handeln also nach dem Lehrbuch. „Sie agieren entlang der bekannten Leistungsp­arameter.“Aber eben weil viele Ent- wicklungen – gerade digitale – disruptiv sind, geraten Unternehme­n damit eben auch immer öfter in Schwierigk­eiten. Trends und Herausford­erungen werden teils unterschät­zt, teils auch wird zu langsam darauf reagiert, weil ja der Markt noch keinen Bedarf signalisie­rt. Experten sind sich sicher: Europa braucht einen beträchtli­chen Bewusstsei­nswandel. Denn eine Studie von Roland Berger zeigt: 70 Prozent der deutschen Führungskr­äfte glauben, dass sich ihr Unternehme­n bis 2018 digitalisi­erungsbedi­ngt erheblich ändern wird. Mehr als die Hälfte der CEOs glauben, dass das jeweilige Geschäftsm­odell geändert werden muss. Doch nur ein Drittel der deutschen Unternehme­n schätzt seine eigene digitale Reife als hoch ein.

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