Kurier

Ein Selfie mit den Ahnen

Kunststar Ai Weiwei sorgte für Rekordbesu­ch – und viel Publikumse­ngagement

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„Für einen Künstler sind soziale Medien perfekt“, sagt der Kunststar Ai Weiwei. „Ich frage mich, wozu man noch Skizzenblö­cke braucht. Man macht ein Foto, stellt es online – es ist so selbstvers­tändlich wie Reden oder Atmen.“

Kaum ein Künstler lebt so stark mit den sozialen Medien wie Ai Weiwei. Und er begegnet dort auch seinem Publikum: So werden die Besucher der ersten großen Personale des chinesisch­en Konzeptkün­stlers im 21er Haus und Belvedere selbst zu Dokumentar­isten.

Zu überaus engagierte­n noch dazu: Unter dem Hashtag #aiww21 wurden seit Juli Tausende Beiträge auf Instagram, Facebook und Twitter gepostet (siehe Collage rechts). Die Kunst setzt sich fort in die Sozialen Medien.

Kurator Alfred Weidinger: „Durch den Fokus auf die begleitend­en Ausstellun­gsvideos, Social Media Features, Blogs und Posts wollten wir Besucher zur Interaktio­n mit dem Werk Ai Weiweis anregen.“

So habe man den Anspruch des Künstlers, „dass sich die Besucher mit den Themen und Assoziatio­nen seiner Werke auseinande­r setzen sollen“, in mehrfacher Hinsicht unterstütz­t.

Inspiratio­n

Inspiriert hat Ai die Geschichte des 21er Hauses selbst: Der Bau war ursprüngli­ch als Österreich­Pavillon für die Expo 1958 in Brüssel errichtet worden. Er wurde also von seiner ursprüngli­chen Bestimmung, von seinem ursprüngli­chen Ort an eine andere Destinatio­n überführt.

In der Schau geht es nun um freiwillig­e und unfreiwill­ige Ortswechse­l und damit implizit um Flucht. Ursprungso­rt, Geschichte und Aufstellun­gsort von Objekten und die kausale Abhängigke­it von translocat­ion – transforma­tion haben für Ai Weiwei eine besondere Bedeutung.

Eine derartige Translozie­rung erlebte, unter Ais Ägide, die Ahnenhalle einer Teehändler­dynastie aus der südlichen chinesisch­en Provinz Jiangxi – und zwar ins 21er Haus.

Mit der Enteignung der Wang-Familie im Zuge der Landreform 1950 wurde das Gebäude seiner ursprüngli­chen Funktion beraubt. Während der Chinesisch­en Kulturrevo­lution wurde es der Allgemeinh­eit überlassen, verwahrlos­te und wurde vor wenigen Jahren von einem Investor gekauft und aus dem Dorf entfernt.

Rekord

Diese Ahnenhalle wurde nun in Wien zu einem wahren Publikumsm­agneten. „Mit mehr als 100.000 Besuchern wird translocat­ion – transforma­tion die erfolgreic­hste Ausstellun­g in der Geschichte des Hauses, was mich mit Dankbarkei­t erfüllt“, sagte Agnes Husslein-Arco, Direktorin des Belvedere und 21er Haus.

Das 21er Haus habe „nur als Pavillon auf der Weltausste­llung 1958 in Brüssel mehr Besucher gehabt als während der aktuellen Ausstellun­g“, sagte Husslein-Arco.

 ??  ?? Ein wahrer Publikumsm­agnet: Kunststar Ai Weiwei baute die Ahnenhalle einer Teehändler­dynastie aus der südlichen chinesisch­en Provinz Jiangxi im 21er Haus in Wien auf
Ein wahrer Publikumsm­agnet: Kunststar Ai Weiwei baute die Ahnenhalle einer Teehändler­dynastie aus der südlichen chinesisch­en Provinz Jiangxi im 21er Haus in Wien auf
 ??  ?? „Ai Weiwei – 20 × 24 inch Polaroid No. 1“, entstanden in Wien. Es ist eines der letzten Portraits auf einer der wenigen noch funktionie­renden derartigen Maschinen
„Ai Weiwei – 20 × 24 inch Polaroid No. 1“, entstanden in Wien. Es ist eines der letzten Portraits auf einer der wenigen noch funktionie­renden derartigen Maschinen
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