Mit dem Atlas raus aus dem Jammertal
VW Atlas. Volkswagen USA-Chef Hinrich J. Woebcken über das neue SUV, die Folgen des Richterspruchs und die zweite Chance für VW
Auch wenn er es offiziell so nie formulieren würde. Aber Hinrich Woebcken, mitten im Dieselskandal zum Chef von VW in den USA berufen, ist in der Vorwoche wohl ein riesiger Stein vom Herzen gefallen. Durch den Richterspruch, der das milliardenschwere Vergleichs-Angebot von VW an den Großteil der von Dieselgate betroffenen amerikanischen Kunden (Besitzer eines VW oder Audi mit 2,0l-TDI-Motor) genehmigt (Rückkauf des Autos oder technische Umrüstung plus Bargeld), kann sich der Blick wieder auf die Zukunft richten.
Schließlich will man nicht nur mit den angebotenen Maßnahmen den Imageschaden beheben, sondern möglichst bald auch die Verkaufszahlen wieder auf Vorkrisen-Niveau bringen – und dann nach Jahren vergeblicher Bemühungen endlich nachhaltig wachsen.
Den ersten Schritt dazu konnte Woebcken in der Vorwoche praktischerweise gleich zwei Tage nach dem Spruch von Richter Charles R. Breyer vom United States District Court for the Northern District of California präsentieren. Mit dem speziell für den amerikanischen Markt entwickelten (und im US-Werk Chattanooga gebauten) 7-Sitzer SUV Atlas will VW zeigen, dass man die Wünsche der US-Kundschaft nicht nur bei Limousinen (US-Passat) verstanden hat. Mit dem 5 Meter langen und sowohl mit Front- als auch mit Allradantrieb angebotenen Atlas spielt man jetzt auch im Segment der in den USA so beliebten Midsize-SUV mit.
Als Motorisierung stehen übrigens zwei Benziner (Vierzylinder mit 238 PS bzw. Sechszylinder mit 280 PS) zur Wahl. Und wenig überraschend wird kein Diesel angeboten.
Marktabdeckung
Woebcken zum Motor-KURIER über die Bedeutung dieses Schrittes für VW: „Wir haben bisher mit unserem Angebot nur rund 45 % des Marktes abdecken können. Mit dem Atlas und weiteren neuen Modellen werden wir da in Hinkunft bei 60 bis 70 Prozent liegen.“
Auch einen anderen Fehler der Vergangenheit will man nicht mehr begehen. Hatte man es etwa nach dem erfolgreichen Start des speziellen US-Passat verabsäumt, sofort mit neuen Derivaten nachzustoßen (was die Verkaufszahlen gleich wieder zurückgehen ließ), glaubt man, die Lektion jetzt gelernt zu haben. Woebcken: „Für den US-Markt sind ein bis zwei Produktimpulse pro Jahr wichtig.“Nachsatz: „Und die werden wir in Hinkunft auch haben.“
Man kann also davon ausgehen, dass der Atlas, wenn er im nächsten Frühjahr in den USA auf den Markt kommt (Ende 2017 folgen Russland und der Nahe Osten, nach Europa kommt er nicht) nicht alleine bleiben wird.
Und damit die Basis dafür legen könnte, dass sich die Marke bald von Dieselgate erholt.
Denn, ist Woebcken überzeugt: „Die Amerikaner vergessen schneller als die Europäer. Hier bekommt man früher eine zweite Chance.“