Kurier

Auf den Spuren der Tanzschul-Dynastie Elmayer

„Zweiter Knigge“starb vor 50 Jahren

- VON GEORG MARKUS

So populär wie sein Enkel Thomas Schäfer-Elmayer war er nicht, das hätte die damalige Medienland­schaft gar nicht zugelassen. Aber Willy Elmayer war zu Lebzeiten schon eine Legende. Der Tanzschulg­ründer und „Knigge des 20. Jahrhunder­ts“, wie man ihn oft nannte, starb vor 50 Jahren.

Willy Elmayer von Vestenbrug­g kam 1885 als Sohn eines Feldmarsch­allleutnan­ts in Wien zur Welt und hatte ein aufregende­s Leben. Er war einer der besten Dressurrei­ter seiner Zeit, musste seine Sportskarr­iere aber beenden, als er nach einem Reitunfall ein Auge verlor und ein Bein verkürzt blieb.

Körners Adjutant

Willy Elmayer war nach dem Zusammenbr­uch der Monarchie kurz Adjutant des Generals und späteren Bundespräs­identen Theodor Körner. Er beschloss jedoch trotz seiner Behinderun­gen Tanzlehrer zu werden – und das, obwohl er nicht viel mehr als den Walzerschr­itt beherrscht­e.

Elmayer besuchte einen Schnellsie­dekurs, um die damals aktuellen Tänze wie Charleston, Tango, Shimmy und Quickstep zu lernen und suchte um die Tanzlehrer­konzession an. Zu der verhalf ihm General Körner – mit einem Trick: Er bestätigte, dass Willy Elmayer „in der Kavallerie­kadettensc­hule den Tanzunterr­icht mit Erfolg geleitet“hätte. Das stimmte zwar so nicht, reichte aber zur Erlangung der Konzession.

Elmayer mietete im Jahr 1919 den Pferdestal­l des Wiener Palais Pallavicin­i – in dem sich die Tanzschule heute noch befindet – und bekam von seinem Bruder einen alten Frack und Glacéhands­chuhe. Die Schüler kamen, weil man mit absolviert­em ElmayerKur­s schon nach 14 Tagen in eine Bar gehen konnte, ohne sich als Nichttänze­r deklariere­n zu müssen.

Da er ab 1935 den Wiener Opernball arrangiert­e, wurde Willy Elmayers „Institut für modernen Gesellscha­ftstanz“bald zum Treffpunkt der feinen Welt. Bundeskanz­ler Kurt Schuschnig­g schickte seinen Sohn ebenso „zum Elmayer“wie später Bruno Kreisky den seinen. Und Bundespräs­ident Adolf Schärf rief an, wenn er nicht wusste, welchen Anzug er zu einem bestimmten Anlass tragen sollte.

Anstand und Etikette

Denn im Gegensatz zu den „normalen“Tanzlehrer­n unterricht­ete Elmayer auch Anstand und Etikette, und es gehörte zum guten Ton, seine strengen Regeln zu befolgen.

Da Willy Elmayer kinderlos blieb, adoptierte er Diether Schäfer, dessen Sohn heute die Tanzschule führt.

In seinem letzten Lebensjahr arbeitete Willy Elmayer noch an seinen Memoiren, die sein Enkel Thomas unter dem Titel „Vom Sattel zum Tanzparket­t. Die Lebensgesc­hichte meines Großvaters Willy Elmayer“im Verlag Kremayr & Scheriau neu herausbrac­hte.

Die Legende Willy Elmayer starb am 7. November 1966 im Alter von 81 Jahren. Die Tanzschule hatte er bis zuletzt geleitet.

georg.markus@kurier.at

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Dressurrei­ter, Adjutant, Tanzlehrer: Willy Elmayer (1885–1966)
 ??  ?? Geschichte­n mit Geschichte
Geschichte­n mit Geschichte

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