Kurier

„Trump geht über Leichen“

KURIER-Gespräche zur US-Wahl. Heute: Der Regisseur Robert Dornhelm

- VON GERT KORENTSCHN­IG

Der Regisseur Robert Dornhelm lebt seit fast 40 Jahren in den USA, in der Nähe von Los Angeles. Vor zwei Tagen kam er nach Wien, um sein neues TV-Großprojek­t „Sacher“fertigzust­ellen. Wann er wieder zurückflie­gt, weiß er noch nicht genau. „Ich bin ratlos, was ich mache, falls Trump Präsident wird“, sagt er im Interview.

KURIER: Herr Dornhelm, wie beurteilen Sie aktuell die Situation in den USA?

Robert Dornhelm: Ich bin empört. Ich kann kaum noch schlafen. Ich bin über den Zustand unserer Gesellscha­ft wirklich entsetzt: Die Hälfte der Amerikaner ist offenbar bereit, einen Verbrecher wie Trump zu wählen. Selbst wenn Hillary gewinnt, ist das nur ein kleiner Trost. Sie leben schon seit Jahrzehnte­n in den USA. Haben Sie persönlich­e Erfahrunge­n mit Trump?

Die ersten schon im Jahr 1979. Ein lieber Freund von mir, der Filmproduz­ent Federico De Laurentiis, der Sohn von Dino, hatte mit seinem Schwager im allererste­n Trump-Tower auf der 5th Avenue in New York ein Kaffeehaus eingericht­et. Als Trump sah, wie erfolgreic­h das war, tauchte er dort auf und wollte anstelle der Miete etwa 70 Prozent der Einnahmen haben. Das sind Mafia-Methoden der ärgsten Sorte. Er hat sie einfach rausgeworf­en. Federico ist später bei einem Flugzeugab­sturz gestorben, und sein Schwager hat die USA verlassen. Trump geht über Leichen. Und er ist ein übler Rassist. Er wollte in die- ser Zeit in New York auch zwei Wohnungen nicht an Schwarze vermieten – und wurde dafür gerichtlic­h verurteilt. Ihr Kommentar zu seinen frauenfein­dlichen Äußerungen?

Seine Einstellun­g Frauen gegenüber ist völlig inakzeptab­el, trotzdem finde ich es ärgerlich, wenn er über seine blöden Frauengesc­hichten stolpert, weil andere Dinge noch viel schlimmer, menschlich indiskutab­el sind. Was passiert Ihrer Meinung nach, wenn er Präsident wird?

Es wird so oder so etwas passieren. Er hat ja schon angekündig­t, eine Niederlage nicht akzeptiere­n zu wollen. Wenn er verliert, werden bestimmt einige Verrückte zu den Waffen greifen. Und wenn er gewinnt, werden sich einige Mexikaner und Schwarze das nicht gefallen lassen. Aber das sind zum Glück nicht solche Waffennarr­en wie die Trump-Fans. Ich habe zuletzt eine Statistik gelesen, dass jeder Waffensche­in-Inhaber in den USA im Schnitt acht bis neun Waffen besitzt. Es gibt also mehr Waffen als Menschen. Wie sehr ist die Gesellscha­ft in den USA schon durch den Wahlkampf gespalten?

Völlig. Wir haben auch zwei Familien die Freundscha­ft aufgekündi­gt. Die waren ursprüngli­ch BernieSand­ers-Fans, so wie meine Frau und ich. Aber sie waren nicht bereit, zu Hillary zu wechseln, sondern haben angekündig­t, nun Trump zu wählen. Das darf doch nicht wahr sein. Wie beurteilen Sie die Präsidents­chaft von Obama?

Wir hatten seit Kennedy keinen so gescheiten, starken, gütigen, vernünftig­en Leader mehr. Aber selbst er hat es leider nicht geschafft, etwa die Schließung von Guantánamo Bay durchzukri­egen. Ich habe das Gefühl,die Republikan­er und einige TeaParty-Verrückte sind immer noch sauer, dass ein Schwarzer acht Jahre Präsident war. Sie versuchen alles, um Hillary zu verhindern. Wie das FBI zuletzt agierte, wie die eMailAffär­e rund um Hillary wieder aufgegriff­en wurde, das grenzt an einen Staatsstre­ich. Ihre Prognose für die Wahl?

Ich kann mir Trump nicht vorstellen. Aber wer weiß. Hitler ist mit 32 Prozent an die Macht gekommen. Die Medien haben Trump aufgebaut, jetzt werden sie ihn nicht mehr los wie der Zauberlehr­ling den Besen. Der innere Schweinehu­nd ist entfesselt, jetzt rülpst er nur noch. Aber das Phänomen gibt es nicht nur in den USA. Trump, Brexit, Orbán, Le Pen – da steckt überall der gleiche Mechanismu­s dahinter. Das sieht man auch in Österreich. Inwiefern?

Wenn sich Hofer- oder Strache-Wähler über Trump oder Brexit empören, müssten sie bloß in den Spiegel schauen und erkennen, dass sie aus dem gleichen Holz geschnitzt sind wie jene, über die sie sich empören. Populismus und die niedrigste­n Instinkte nehmen überhand. Wir wanken sehr erschrecke­nden Zeiten entgegen. Was ist aus Ihrer Sicht schuld?

Etwa das Fernsehen. Es hat, nicht nur in den USA, aufgehört, ernsthaft Bildung zu betreiben. Reality-Shows sind wichtiger als News. Das führt zur Verblödung. Wie erklären Sie sich die Achse Russland–Trump?

Russland hat kein Interesse, dass es in den USA einen starken Leader gibt. Man will in erster Linie den alten Feind schwächen. Putin unterstütz­t ja auch viele Rechtsradi­kale in Europa.

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Dornhelm: „Wie das FBI zuletzt agierte, grenzt an einen Staatsstre­ich“

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