500 Euro für ein schimmliges Zimmer in einem Elendsquartier
Im Industriegebiet von Simmering fristen 40 Flüchtlinge aus Syrien auf engstem Raum ihr Dasein.
„Bitte, kommen Sie“, sagt Mohammad und lädt uns in das Zimmer seiner Familie ein. Zwei Betten stehen darin, fünf Menschen wohnen darin. Mohammad, seine Frau Yasmeen und drei Kinder. Die Kinder schlafen in den Betten, Mohammad und seine Frau schlafen auf einem Teppich und Matratzen auf dem Boden. „Bitte, helfen Sie“, sagt Mohammad.
500 Euro zahlt der Syrer für dieses Zimmer in einem Haus in der Leberstraße im Simmeringer Industriegebiet. Nichts lässt von außen darauf schließen, dass in dem Haus Menschen wohnen könnten. Im Untergeschoß ist eine Werkstatt untergebracht, genauso wie gegenüber. Im Obergeschoß dieses Hauses bewohnen etwa 40 syrische Flüchtlinge 13 Zimmer, die nur notdürftig mit Möbeln ausgestattet sind.
Ungeziefer
Zwei Duschen gibt es, beide schimmeln. In der Küche rostet der Elektroherd, nur drei von acht Herdplatten funktionieren. Es gibt Ungeziefer – nicht nur in der Küche.
In der Nacht, erzählt Bilal aus Syrien, würden sie seinen beiden Töchtern in die Ohren und in die Nase krabbeln. Bilal wohnt gemeinsam mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern in einem der Zimmer. Das Ungeziefer ist hinter dem Kasten, unter dem Bett, hinter der Heizung, neben dem Fenster. „Wir müssen hier weg“, sagt Bilal.
Vor allem hätten Bilal und seine Familie gar nie dort sein dürfen. Denn das Haus ist illegal bewohnt. Es steht mitten im Industriegebiet, es gibt kein Wohnrecht für das Haus. „Wir haben bereits einen Strafantrag eingebracht“, sagt Hannes Kirschner von der Wiener Baupolizei. Vor Jahren sei das Haus, das ursprünglich als Fabrik genutzt wurde, illegal umgebaut worden. Schon kurz danach dürfte es – ebenfalls illegal – als Arbeiterquartier genutzt worden sein.
Das Grundstück gehört dem Wiener Eduard L., der das Haus an den Syrer Rozdeiar Y. vermietet hat. Der wiederum vermietet die Zimmer an seine geflüchteten Landsleute. 13 Zimmer à 500 Euro macht 6500 Euro monatliche Einnahmen an Y. Mietverträge gibt es nicht, Y. kassiert bar. Er beteuert, den Flüchtlingen zu helfen, Abzocke sei das nicht: „Sie lebten vorher auf der Straße, mit Kin- dern“, sagt Y. Und 500 Euro Miete für ein Zimmer (inkl. Strom und Wasser) sei auch nicht so viel, wenn man sich die Mietpreise in Wien ansehe.
Wohnraum gesucht
„Es ist schäbig, wie hier mit der Not von Menschen Geld gemacht wird“, sagt CaritasGeneralsekretär Klaus Schwertner.
Für viele Asylberechtigte sind Privatquartiere wie dieses aber die einzige Möglichkeit: Das Geld für Kaution und Provision fehlt, dazu kommen Ressentiments bei der Wohnungssuche. Das hat auch Julia Rainer erlebt, die eine Wohnung für Mutter und Bruder ihres syrischen Bekannten Hakam suchte, die auch zwei Monate in dem Elendsquartier in Simmering verbringen musste. Sie haben vor Kurzem nach langer Suche eine kleine Wohnung im 15. Bezirk gefunden.