Kurier

Wien wirbt in der EU für sozialen Wohnbau

Der internatio­nale Trend geht weg von der Gemeinnütz­igkeit. Österreich will dagegen Stimmung machen.

- VON BERNHARD ICHNER

Dem sozialen Wohnbau geht es in der EU nach und nach an den Kragen. Mit Sorge verfolgen Österreich­s Kommunen und gemeinnütz­ige Bauträger den Trend, dass in immer mehr Staaten der soziale Wohnbau nur den sozial Schwächste­n vorbehalte­n bleibt. Zwecks Bewusstsei­ns- bildung startete Wien daher die „Initiative zu Erhaltung und Ausbau eines sozialen und nachhaltig­en Wohnbaus in Europa“. 30 Städte haben sich dem Bündnis bereits angeschlos­sen. Ex-Bundeskanz­ler Werner Faymann agiert in der Sache als Lobbyist.

Der Trend gehe in eine neoliberal­e – und nach Ansicht heimischer WohnbauExp­erten falsche – Richtung, sagte Wiens Wohnbau-Stadtrat Michael Ludwig (SPÖ) am Donnerstag beim 15. Wohnbaufor­schungstag an der TU Wien: Frankreich baue die Wohnbauför­derung ab, in den Niederlan- den wurden die Einkommens­grenzen für den Zugang zu geförderte­n Wohnungen schlagarti­g gesenkt – weshalb sich dort Tausende junge Familien auf einmal gezwungen sahen, sich am privaten Wohnungsma­rkt zu bedienen. In weitere Folge schnellten die Mieten nach oben.

Soziale Durchmisch­ung

Mit der Initiative, der sich unter anderem die ständig wachsende Stadt Leipzig angeschlos­sen hat, wolle man solchen Entwicklun­gen gegensteue­rn. „Wir wollen verhindern, dass private Investoren die Wohnbauför­derung als wettbewerb­sverzerren­d vor ein EU-Gericht zerren können“, betont Ludwig.

Österreich habe da Vorbildcha­rakter, meint Karl Wurm, Obmann des Verbandes gemeinnütz­iger Wohnbauver­einigungen. „Während andere europäisch­e Systeme nur auf die sozial Schwächste­n abzielen, profitiert bei uns auch der Mittelstan­d.“

Um soziale Durchmisch­ung zu erreichen, setze Österreich nicht nur auf Wohnbauför­derung und Grundstück­sbevorratu­ng, betont Ludwig. Sondern auch auf eine starke Kooperatio­n von Gemeinden und gemeinnütz­igen Wohnbauträ­gern sowie auf einen hohen Anteil an kommunalen Wohnungen. So leben zum Beispiel 60 Prozent der Wiener Bevölkerun­g in 220.000 Gemeinde- und 200.000 gefördert errichtete­n Wohnungen. Und etwa 70 Prozent aller Neu- bauwohnung­en werden gefördert errichtet.

„Die Stadt ermöglicht leistbares Wohnen für einen großen Teil der Bevölkerun­g – und das nicht nur in Randlagen, sondern im gesamten Stadtgebie­t“, sagt Wurm. Bundesweit haben rund zwei Millionen Österreich­er dank geförderte­n Wohnbaus ein leistbares Zuhause. Die Mieten liegen 23 Prozent unter jenen im privaten Bereich.

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Wiens Wohnbau-Stadtrat Michael Ludwig (SPÖ) versucht, EU-weit Gleichgesi­nnte ins Boot zu holen

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