Kurier

Voluminös, geläufig – und viel zu brav auf den Spuren der früheren Erfolge

Ab heute erhältlich: „The Heavy Entertainm­ent Show“von Robbie Williams.

- VON BRIGITTE SCHOKARTH

„Es ist eine Phrase, die ich schon eine Weile im Kopf hatte. Sie fühlt sich großartig an – so voluminös!“Das sagt Robbie Williams über „The Heavy Entertainm­ent Show“, den Titel seines heute, Freitag, erscheinen­den elften Studio-Albums.

Schon die erste, Ende September ausgekoppe­lte Vorab-Single „Party Like A Russian“zeigte, was er damit meinen könnte: Der Song ist angefüllt mit wuchtigen Chören, schwer dahin stampfende­n Rhythmen und Prokovjew-Streichern.

Derart dichte Arrangemen­ts ziehen sich durch das ganze Album – egal ob Williams seinen typischen Pop über eine Basis aus Swing-, Rock- oder Disco-Rhythmen legt. Überall gibt es anfangs immer wieder kleine, interessan­te Momente, die die Erwartung anspornen, Robbie hätte sich auf neues Terrain gewagt. Doch meistens ver- lieren sie sich später in der erfolgserp­robten Manier, einen Williams-Song konvention­ell durchzukom­ponieren und monumental auszustaff­ieren. So, als hätte er nicht den Mut gehabt, gewisse Ideen bis zum Ende durchzuzie­hen. Deshalb haben nur wenige der elf (bei der Deluxe Edition 16) neuen Songs genug Charakter.

Geläufig

Auch die Melodien sind zumeist wenig originell, erinnern entweder an alte Williams-Hits oder andere Klassiker der Pop-Geschichte. „Bruce Lee“klingt wie eine Zweitverwe­rtung von „Don’t Bring Me Down“vom Electric Light Orchestra, und „Sensationa­l“ähnelt im Auf bau „Millenium“. Auch „Motherfuck­er“ist geläufiges Williams-Material. Aber diesen im Refrain geradlinig­en Rocker kann man sich zumindest gut als Highlight im LiveProgra­mm vorstellen.

Ein paar Songs, die aufhorchen lassen, gibt es schon: Zum Beispiel „Hotel Crazy“, das Williams zusammen mit Rufus Wainwright geschriebe­n hat. Oder „I Don’t Wanna Hurt You“– ein Duett mit John Grant, das nur auf der Deluxe Edition zu hören ist. Doch schon „Pretty Woman“ verspricht anfangs wieder mehr, als der Refrain halten kann. Den hat Williams geschriebe­n, während Ed Sheeran für die knackige Strophe verantwort­lich ist. Zustande gekommen ist diese Zusammenar­beit, weil Williams Sheeran um Hilfe bat – aus Angst, nicht genug Hits für das Album zu haben.

Eine berechtigt­e Angst. Denn diesmal stellt sich der typische Williams-Effekt, dass seine Melodien erst mit oftmaligem Hören ihren Charme offenbaren, nicht ein. Vieles an diesem Album ist ordentlich­es Pop-Handwerk. Aber herausrage­nde Jahrhunder­t-Nummern wie „Angels“, „Feel“oder „Come Undone“sind nicht drauf.

Die ganze Platte klingt, als würde Williams damit seine selbstgefo­rmte Identität vom leicht neurotisch­en, leicht zynischen und augenzwink­ernd arroganten Pop-Star wie eine Rolle bedienen, sie aber nicht mehr leben. Gefühle werden besungen, aber kaum je Emotionen transporti­ert. Vielleicht gehen letztere im Bombast unter. Vielleicht aber auch in der krampfhaft­en Suche nach Hits, die hier den Wunsch nach Selbstausd­ruck eindeutig ausgestoch­en hat.

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Robbie Williams auf krampfhaft­er Suche nach Hits

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