Der neue Jedermann und die „sinnliche Wucht“
Tobias Moretti kehrt auf den Salzburger Domplatz zurück – als Buhle von Stefanie Reinsperger
Es ist das zentrale Paar jedes Salzburger Festspielsommers: Der Jedermann und seine Buhlschaft haben eine besondere Faszination. Und 2017 richtet sich die Aufmerksamkeit auf ein neues Duo am Domplatz: Tobias Moretti ist der neue Jedermann, Stefanie Reinsperger seine Buhlschaft. Die neue Schauspielchefin Bettina Hering versprach eine „kräftige Neuaufsetzung“der Inszenierung.
Eigentlich ist es bedenklich: Dass die Salzburger Festspiele die Bekanntgabe eines Besetzungszettels zum medialen Großereignis machen – und dem „Jedermann“mehr Bedeutung beimessen als dem ersten Programm von Intendant Markus Hinterhäuser und seiner Schauspielchefin Bettina Hering. Denn am Donnerstag, eine Woche vor der Pressekonferenz, lud die „bewährte“Präsidentin Helga Rabl-Stadler ins Hotel Sacher in Wien ein. Es ging ausschließlich um die erfolgreiche Produktion, die 2013 in der Regie von Julian Crouch und Brian Mertes Premiere hatte und nun auch personell „neu aufgesetzt“wird.
Neben dem Marmorsaal, im Salon Mayerling, wartete Tobias Moretti geduldig, bis seine Stunde schlug. „Ich dachte mir, ich muss mir die Kugel geben.“Möglicherweise auch deshalb, weil Hering den Moment der Spannung möglichst lange auskosten wollte. Sie versprach unter anderem „jeder Zeit ihren Jedermann“und kündigte Moretti als „unseren Mann fürs Feine“an.
Vom guten Teufel ...
Er kennt den Salzburger Domplatz gut: Von 2002 bis 2005 spielte er in der erfrischenden Inszenierung von Christian Stückl den mit dem Guten Gesellen fusionierten Teufel – die beiden Rollen werden ab 2017 erneut zusammengelegt und vom Brandauer-Schüler Hanno Koffler übernommen. Sven-Eric Bechtolf, Schauspielchef und dann Interimsintendant, hätte ihm 2012 den Jedermann angeboten, doch Moretti lehnte ab, weil er damals „noch nicht so weit gewesen“sei. Also kam Cornelius Obonya zu Zug.
Aber nun hätte Hering ihn für die Rolle „entfachen“können. Weil ein „Auf bruch“ins Unbekannte anstand. Zudem hätten seine Bedenken – die „Architektur“der Inszenierung bleibt ja bestehen – ausgeräumt werden können.
... zum reichen Mann
Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes, das Hugo von Hofmannsthal in altertümelnder Sprache und in Knittelversen schrieb, hätte zwei „neuralgische“Punkte, den (katholischen) Glauben und die Buhlschaft. Gemeinsam mit Hering hätte er darüber nachgedacht, wer diese Rolle, die nur wenig Text, aber viel Präsenz hat, übernehmen könne. Man kam überein, mit der Konvention zu brechen, dass Jedermanns Freundin etwas „prototypisch Erotisches“haben müsse: Sie habe vielmehr eine „Wucht“zu sein – an Sinnlichkeit wie Können. Und dann endlich durfte Mary Vetsera den Salon Mayerling lebend verlassen – und als Stefanie Reinsperger ans Pult treten.
Die Volkstheater-Schauspielerin zeigte sich „wahnsinnig dankbar und glücklich“. Als Kind sei sie einige Male am Domplatz gewesen und habe dort die Gelegenheit genutzt, laut „Jedermann!“zu rufen. „Eigentlich fand ich immer diese Rolle am besten, wo man das so laut schreien darf “, sagte sie. Vielleicht darf sie ja später einmal den Tod spielen (diese Rolle bleibt vorerst bei Peter Lohmeyer). Ab 21. Juli jedenfalls spielt sie die Buhlschaft.
Es gibt noch weitere Neubesetzungen: Mavie Hörbiger verkörpert die Werke, Edith Clever die Mutter des Jedermanns. Christoph Franken wechselt vom Teufel zum Mammon, Johannes Silberschneider vom armen Nachbarn zum Glauben.