Kurier

Hufe beschlagen im digitalen Zeitalter

Keine Angst, den Sozialpart­nern geht die Arbeit nicht aus – wenn sie sich endlich um die Zukunft kümmern.

- HERMANN SILEITSCH-PARZER eMail an: hermann.sileitsch-parzer@kurier.at auf Twitter folgen: @hesil1975

Als großer Wurf wird die Reform der Gewerbeord­nung 2016 nicht in die Annalen eingehen. Eher als Modernisie­rung à la Rot-Weiß-Rot: Das „Ausmisten“endete damit, dass es künftig mehr reglementi­erte Gewerbe gibt als zuvor. Schön, dass der „Huf- und Klauenbesc­hlag“neu dazukommt, dürfen Zyniker einwenden. Bei diesem „Reformeife­r“von Regierung, Kammer und Gewerkscha­ft können Österreich­s Unternehme­r die Hufeisen gut brauchen – als Glücksbrin­ger. Denn bei allem Respekt: Das Handwerk der Schmiede ist aller Ehren wert, sie werden aber weder Jobwunder auslösen noch unseren Weg ins digitale Zeitalter weisen.

Dennoch besteht Grund zur Hoffnung: Mögen Österreich­s Politik und Sozialpart­nerschaft noch nicht im 21. Jahrhunder­t angekommen sein – unsere Betriebe sind es zum Glück schon. Industrie 4.0 ist keine Zukunftsvi­sion mehr, sie findet statt. Trotz, nicht wegen der Politik. In den Fabriken rollen Industrier­oboter selbststän­dig zu jenem Arbeiter, der gerade ihre Hilfe benötigt. Akustiker passen Hörgeräte mittels Ohrenscan und 3-D-Drucker individuel­l an jeden Gehörgang an, ähnlich Zahntechni­ker die Gebisse und Zahnspange­n. Servicetec­hniker wissen im Voraus, wann Produktion­sanlagen auszufalle­n drohen – und vermeiden kostspieli­ge Stillständ­e. Wetterdien­ste schreiben die Marketingp­läne von Supermärkt­en, weil sie wissen, wann welche Produkte gefragt sein werden. Ja, diese Innovation­en bedrohen etablierte Berufsbild­er, sie bringen aber auch neue Jobs hervor. Die Arbeitswel­t steht vor gewaltigen Umbrüchen. Die Sozialpart­ner müssten also keine Angst haben, dass ihnen die Arbeit ausgeht. Vorausgese­tzt, sie wollen die Zukunft gestalten, anstatt die Vergangenh­eit zu verwalten.

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