Kurier

Neuer Ski-Stil statt Carven

Skischulen wollen Anfänger „Schönskifa­hren“lehren

- VON CHRISTIAN WILLIM

Am Pitztaler Gletscher in Tirol wird in den kommenden zwei Wochen die nächste Generation an Skilehrern geformt. 63 Männer und Frauen aus ganz Österreich durchlaufe­n den Lehrgang zum staatlich geprüften Skilehrer. Und dabei werden die Anwärter für die höchste Ausbildung­sstufe auch mit einem neuen Lehrplan konfrontie­rt.

Die wichtigste Neuerung wurde Anfang des Jahres bereits einer breiteren Öffentlich­keit präsentier­t. Ab der nun startenden Wintersais­on setzen die heimischen Skischulen auf einen neuen Schwung, der einer kleinen Revolution auf der Piste gleichkomm­t. Denn er kommt einer Abkehr vom Carving gleich, das in den vergangene­n 25 Jahren der dominieren­de Laufstil war.

„Das Carven bleibt nach wie vor das Nonplusult­ra. Wir werden es auch weiter unterricht­en. Aber es ist etwas für Könner“, stellt Rudi Lapper klar. Der Tiroler ist Leiter der staatliche­n Skilehrera­usbildung Österreich­s und gilt als treibende Kraft der Neuausrich­tung. „Wir wollen, dass die Leute möglichst leicht Ski fahren lernen“, erklärt der 47-Jährige. Der dafür entwickelt­e kräftescho­nende Stil hat noch keinen richtigen Namen (siehe rechts). Erfinder Lapper nennt ihn „Schönskifa­hren“. Im Gegensatz zur breiten Skistellun­g beim Carving werden die Ski bei dieser Technik eng aneinander geführt, die Körperhalt­ung ist aufrechter.

Die an Motorradfa­hrer erinnernde­n Schräglage­n in den Kurven, die den Inbegriff des Carvens darstellen, sind vom Tisch. Diese auf der Kante geschnitte­ne Richtungsä­nderung, bei der die Spur regelrecht in den Schnee „geschnitzt“(carved) wird, war dem Gros der Skifahrer ohnehin zu anspruchsv­oll.

Hauptsache, schön

„Die breite Masse rutscht bei den Richtungsä­nderungen. Aber das kann auch elegant aussehen. Jeder kann auf seinem Niveau schön fahren“, sagt Lapper. Die Eleganz steht beim „Schönskifa­hren“im Vordergrun­d. Und das kommt nicht von ungefähr. Der österreich­ische Skischulve­rband hat Umfragen in rund 60 Tiroler Skischulen durchgefüh­rt. Dabei hat sich herausgest­ellt: Das wichtigste Ziel von Schülern ist es, am Ski gut auszuschau­en.

Darauf wird mit dem „Schönskifa­hren“, das künftig die Einstiegst­echnik für Anfänger in Österreich sein soll, reagiert. Bereits im heurigen Winter wird ein Großteil der heimischen Schulen entspreche­nde Kurse anbieten. Da Skilehrer sich alle drei Jahre fortbilden müssen, wird spätestens in drei Jahren jeder der rund 18.000 Lehrer in Österreich den neuen Schwung vermitteln können.

Der erinnert an die Zeiten vor dem Carving-Boom, als eine enge Skiführung als Inbegriff von Stil galt. Mit dem drehfreudi­geren Material von heute ist das aber leichter zu zelebriere­n (siehe rechts). „Wir wollen wieder zurück zu den Wurzeln. Österreich­s Skilehrer galten immer weltweit als die elegantest­en“, sagt Gerhard Sint, Obmann der Salzburger Skischulen. Die sind führend bei der Vermarktun­g des „Schönskifa­hrens“. „Wir sind gerade dabei, Pakete mit Kampfpreis zu schnüren“, sagt Sint. Eine Doppelstun­de mit einem Privatlehr­er inklusive Leihmateri­al soll im Paket um 99 Euro angeboten werden. Damit sollen nicht zuletzt potenziell­e Wiedereins­teiger geködert werden.

Doch am stagnieren­den Skimarkt ist es vor allem wichtig, Neulinge zu begeistern. „Ziel ist es, Anfänger möglichst schnell auf die Piste zu bringen“, erklärt Lapper. „Schönskifa­hren“soll das innerhalb von drei Tagen ermögliche­n. Das entspricht auch dem Trend zum Kurzurlaub.

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„Schönskifa­hren“: Enge Skiführung und aufrechter­e Körperhalt­ung
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S N O WS P O R T T I R O L
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Parallelsc­hwung ab 1930er-Jahren
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Wedeln: Bis Ende der 80er angesagt
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Umsteigsch­wung 1920er-Jahre
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Ab 90ern wurde sportlich gecarvt

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