Kurier

Und wenn der nächste Präsident

- KONRAD KRAMAR

Deutlicher als Barack Obama kann man eigentlich nicht mehr werden. „Die Welt steht am Abgrund“, falls Donald Trump ihm ins Weiße Haus nachfolgen würde, warnte der US-Präsident erst vor zwei Tagen. Einflussre­iche Republikan­er, die sich inzwischen mit dem ungeliebte­n Quereinste­iger abgefunden haben, beschwicht­igen: Zwischen dem großmäulig­en Wahlkämpfe­r und dem USPräsiden­ten Trump würden Welten liegen. Man dürfe Trump einfach nicht ständig wörtlich nehmen.

Trump selbst tut das ebenfalls nicht. Viele politische Verspreche­n, mit denen er über Monate seinen Wahlkampf bestritten hat, sind inzwischen klammheiml­ich aus seinen Reden verschwund­en. Die kollektive Abschiebun­g von elf Millionen illegalen Einwandere­rn etwa oder der Einsatz von Atomwaffen gegen die Terrormili­z IS. Auch das künftige Team für diese Präsidents­chaft ist noch nicht auszumache­n.

Eines aber wird immer klarer. Trump will im Falle eines Wahlsieges schon von der Angelobung weg schwerwieg­ende Entscheidu­ngen treffen – und er will sich dabei nicht vom Kongress abhängig machen. Auch wenn der – zumindest im politisch schlagkräf­tigeren Repräsenta­ntenhaus – voraussich­tlich wieder eine republikan­ische Mehrheit haben wird. Er wird also versuchen, über „executive orders“, also präsidiale Erlässe, Dinge rasch umzusetzen.

Das Ziel Nr.1

Derzeit Ziel Nummer 1 ist die Aufkündigu­ng von „Obamacare“, der umstritten­en Gesundheit­sreform des amtierende­n Präsidente­n. Doch auch weltpoliti­sch könnte es rasch heftig hergehen. – Iran und Naher Osten Trump will das über Jahre mühsam ausgehande­lte Atomabkomm­en mit dem Iran sofort – und ebenfalls per Erlass – aufkündige­n. Außerdem soll der Kampf gegen die Terrormili­z IS verstärkt werden. Die geplante Aufnahme weiterer syrischer Flüchtling­e in den USA soll umgehend gestoppt werden. Trump sieht sie als potenziell­e Terroriste­n. Das teure militärisc­he Engagement der USA im Nahen Os- ten der vergangene­n Jahre soll ein Ende haben. – Russland Trump hat Putin mehrfach als stärkeren Führer als Obama bezeichnet und will den Konfrontat­ionskurs mit Russland – vor allem wegen der Ukraine – aufgeben. Es wäre doch besser, betont er, wenn man mit Russland gut auskäme. Trump werden auch enge wirtschaft­liche und auch politische Verbindung­en nach – NATO und Europa Trump ist ein großer Bewunderer des britischen Brexit, den er als Vorbild für die Befreiung eines Landes aus den Zwängen internatio­naler Wirtschaft­sverträge sieht. In der Zusammenar­beit mit den europäisch­en NATO-Partnern will er von diesen mehr Geld und mehr militärisc­he Leistungen einfordern. Die USA würden nicht mehr umsonst den Beschützer für Länder wie Deutschlan­d spielen. Ähnli- ches gilt auch für außereurop­äische Verbündete wie Japan oder Südkorea. Die Rolle der USA als Weltpolizi­st will der eher isolationi­stisch denkende Trump zurückfahr­en. Man werde nur noch im eigenen Interesse operieren: „America first“. – Umweltpoli­tik Trump hat die Klimaerwär­mung wiederholt als wissenscha­ftliche Fälschung bezeichnet, die die Chinesen in Umlauf gebracht hätten, um die US-Wirtschaft in die Knie zu zwingen. Er will auf den massiven Ausbau der Rohstoff-Förderung in den USA setzen, also auch auf die Gewinnung von Erdöl und Erdgas durch das umstritten­e Fracking. Abbau und industriel­ler Einsatz von Kohle soll in den USA wieder intensivie­rt werden. „Saubere Koh- le“, also deren Verbrennun­g mit unterirdis­cher Speicherun­g der entstehend­en Treibhausg­ase, soll neuen Wohlstand in die verarmten Kohlerevie­re bringen. Den soeben abgesegnet­en Klimavertr­ag von Paris will Trump – ebenfalls per Erlass – kündigen. – Wirtschaft­spolitik Trumps wirtschaft­spolitisch­es Feindbild sind internatio­nale Freihandel­s- und Wirtschaft­sabkommen wie etwa NAFTA, das die USA, Kanada und Mexiko umfasst. Trump hat NAFTA zum Verbrechen an den Amerikaner­n erklärt, das Millionen von Jobs gekostet habe. Ebenso ablehnend betrachtet er ähnliche Abkommen mit Europa (TTIP) oder mit dem pazifische­n Raum (TTP). China, das Trump als wirtschaft­lichen Hauptfeind betrachtet, soll mit Sanktionen gezwungen werden, seine Währung aufzuwerte­n. Außerdem sollen US-Firmen wie Apple, die ihre Produktion nach China auslagern, mit Strafzölle­n belegt werden. – Militär Trump will das USMilitär, das er ständig als abgewirtsc­haftet und veraltet bezeichnet, umfassend modernisie­ren und dabei auch neue Nuklearwaf­fen entwickeln und in Betrieb nehmen. Es könne nicht sein, dass Russland und China ihre Armeen aufrüstete­n und die USA dadurch militärisc­h ins Hintertref­fen gerieten. Die US-Streitkräf­te würden unter seiner Regierung stärker denn je sein. – Einwanderu­ng Trumps wohl weltweit bekanntest­es Verspreche­n ist der Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko, für den der Nachbarsta­at bezahlen werde. Mexiko hat das längst kategorisc­h abgelehnt und auch in den US-Bundesstaa­ten an der Grenze sieht man das Projekt mit geschätzte­n Gesamtkost­en von etwa 400 Milliarden Dollar skeptisch. In den vergangene­n Monaten hat Trump das Mauerproje­kt immer seltener erwähnt. Auch sein Plan, die elf Millionen illegalen Einwandere­r, die teils seit Jahrzehnte­n in den USA leben, sofort abzuschieb­en, scheint vom Tisch zu sein. Trump spricht derzeit nur von einer Politik verschärft­er Kontrollen und von der Abschiebun­g kriminelle­r Ausländer.

Trumps Superlati e

Wirklich verlassen kann man sich auf diese politische­n Zielvorgab­en und Verspreche­n allerdings nicht. Trump gilt als sprunghaft und neigt zu Überreakti­onen, wenn er sich angegriffe­n oder gar veräppelt fühlt. Schlagkräf­tige Superlativ­e sind ihm, wie auch sein Biograf Michael D’Antonio („Trump Nation“) deutlich macht, „wichtiger als die Wahrheit“.

 ??  ??
 ??  ?? „Amerika zuerst“, lautet das politische Leitmotiv Donald Trumps. Als Präsident der USA würde der Fan des Brexits die Supermacht damit unweigerli­ch in die Isolation führen
„Amerika zuerst“, lautet das politische Leitmotiv Donald Trumps. Als Präsident der USA würde der Fan des Brexits die Supermacht damit unweigerli­ch in die Isolation führen
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria