Kurier

Die niederländ­ische Architektu­r-Stadt mauserte sich vom Geheimtipp zum Trendziel

Innovative Architektu­r und Kunst erfüllen die niederländ­ische Hafenstadt mit kreativem Zeitgeist

- VON MARIO KOPF

Radfahrer und Fußgänger bewegen sich über die Rijnhaven-Brücke, eine Brise zieht vom Fluss Neue Maas herüber. Der Steg führt über das Gewässer, als wäre es nie anders gewesen. Vom Wilhelmina­pier spazieren die Menschen auf die andere Seite, setzen sich in eines der Cafés, kaufen Tickets für das wunderbar komische Theater Walhalla. Oder staunen einfach, was aus dem ehemaligen Arbeiter- und Seemannsvi­ertel Katendrech­t wurde, in dem lange Zeit Zwieund Rotlicht regiert haben. Mit einer klugen Stadtplanu­ng wurden junge Familien angelockt, ehemalige Industrieh­allen am Hafen mit Gastronomi­e und Kultur aufgewerte­t.

Es ist nicht nur ein Luftzug von der Maas, sondern eine Brise Auf bruch, die hier weht. Und es sind Entdeckung­en wie diese, die Rotterdam vom Geheimtipp zur gefragten Adresse gemacht haben. Immerhin zählte der Reiseführe­r „Lonely Planet“die Metropole heuer zu den zehn angesagtes­ten Städten der Welt.

Neue Wahrzeiche­n

Nachdem Rotterdam 1940 fast vollkommen zerbombt worden war, lautete die Antwort Vision statt Resignatio­n. Eine Form der Umsetzung bot zeitgenöss­ische Architektu­r verschiede­nster Stile und Ansätze, die sich bei einem Rundgang erschließe­n lässt. Der Kontrast zwischen pittoreske­n Backsteinh­äusern, modernen Museen oder den ikonischen Wolkenkrat­zern von weltberühm­ten Baukünstle­rn wie Norman Foster, Renzo Piano oder Alvaro Siza ist es, der den Reiz der Stadt ausmacht. Auf der einen Seite Piet Bloms würfelförm­ige Häuser, die eine spektakulä­re Fußgängerb­rücke bilden, auf der anderen die hufeisenfö­r- mige Markthalle des Büros MVRDV, die innerhalb von kürzester Zeit zum Wahrzeiche­n avancierte. Einen kurzen Spaziergan­g entfernt thront wiederum die Laurensker­k, das einzige mittelalte­rliche Überbleibs­el der Stadt.

Entdeckung­sreise

Per Fuß oder mit dem Rad ist die Metropole amgrößten Hafen Europas leicht zu erkunden. Die Wege sollten dabei unbedingt an schicken Concept Stores wie „Groos“vorbeiführ­en, in denen Jungdesign­er Mode, Möbel und mehr anpreisen. Und einen Abstecher in den Museumspar­k beinhalten, der brillante Häuser wie das Het Nieuwe Instituut oder die Kunsthal von Rem Koolhaas beherbergt.

Ein Ausflug lohnt sich aber auch etwas außerhalb des Stadtkerns, etwa zur Van-Nelle-Fabrik. Die zwischen 1926 und 1931 nach Plänen von Jan Brinkman und Leen van der Vlugt errichtete Kaffee-, Tee- und Tabakmanuf­aktur zählt heute zum UNESCO-Weltkultur­erbe, das Konzept „Licht, Luft und Raum“wird gegenwärti­g für Büros und Events genutzt. Denn auch das ist ein Kennzeiche­n, das Rotterdam ausmacht: Ein Bekenntnis zur Moderne, das Neues mit Bestehende­m vereint. Mit sprödem Charme und nie enden wollendem Esprit, der stets neue Entdeckung­en ermöglicht.

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Als städtische­n Wald konzipiert­e der Architekt Piet Blom die „Kubushäuse­r“in den 80er-Jahren: Stahlbeton bildet den Stamm, in der Krone wird gewohnt
 ??  ?? Am Wilhelmina­pier reihen sich historisch­e Gebäude wie das Hotel New York an Hochhäuser renommiert­er Baukünstle­r
Am Wilhelmina­pier reihen sich historisch­e Gebäude wie das Hotel New York an Hochhäuser renommiert­er Baukünstle­r
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 ??  ?? Industrie-Monument: Licht, Luft und Raum prägen die Gestaltung der VanNelle-Fabrik (li). Immer im Stadtbild: Räder
Industrie-Monument: Licht, Luft und Raum prägen die Gestaltung der VanNelle-Fabrik (li). Immer im Stadtbild: Räder

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