Kurier

Sieben Österreich­er erzählen, wie das Leben in Amerika sie veränderte.

Was begeistert so viele Menschen aus aller Welt an Amerika? Erfolgreic­he Österreich­er erzählen, wie sie das Leben in den USA verändert hat. Und was sie jetzt an Europa schätzen.

- If you can make it there, you’ll make it any here. Frank Sinatra VON DANIELA DAVIDOVITS

Für rund 17 Millionen Kandidaten aus der ganzen Welt ist morgen Einsendesc­hluss: ’ann endet die jährliche Green Card Lottery der USA. 50.000 Arbeitsgen­ehmigungen werden so verlost, zuletzt waren 50 Österreich­er unter den Gewinnern. Mitten in seiner Karriere hatte auch Schauspiel­er Xaver Hutter („Vorstadtwe­iber“) diese Chance: „Mein Traum war, in den USA mein Glück zu versuchen. Ich war ein Skater, ich mochte Hip-Hop – und Amerika ist einfach Amerika. Ich hatte in einem Burger-Laden ein Inserat für die Lotterie gesehen und mich angemeldet. Und nach einem Jahr wurde ich von der Nachricht überrascht, dass ich die Green Card gewonnen habe. Ich habe hier alles aufgegeben und bin nach L.A. gezogen – so wie alle Schauspiel­er das machen.“

’ort bekam er eine Menge Jobs: „Autowäsche­r, Kellner, Caterer auf einem Porno-Set, ich habe alles gemacht. In Österreich hatte ich schon Erfolg, also habe ich mir gedacht, ich brau- che keine Hilfe“, erinnert sich der fesche Wiener lachend an seine fünf Jahre in den USA. Es war hart, gibt er zu: „Hier beschweren sich Schauspiel­er, wenn sie beim Casting keinen Kaffee angeboten bekommen. ’ort bist du einer von 800.000 und so behandeln sie dich auch.“

’och das Schicksal schenkte ihm einen Hollywood-Moment: „An einem einsamen Sonntag bin ich zum Zeitungski­osk gefahren, um das Magazin mit den Schauspiel­erjobs zu kaufen. Plötzlich stellt sich auf dem leeren Parkplatz neben mich ein Bentley und wer sitzt drin? JeanClaude van ’amme! Ich habe ihn auf Französisc­h angesproch­en und das hat ihm gefallen, er ist ja Belgier – und wir haben uns unterhalte­n. ’ann hat er hat gesagt: ,’u hast ein super Gesicht, warum spielst du nicht in meinem nächsten Film mit, gib mir deine Nummer.‘ Wahnsinn! – Natürlich hat er nie angerufen.“

Welt-Kulturhaup­tstadt

Für seinen Job in New York brauchte Christoph Thun-Hohenstein keine Green-Card-Lotterie. ’er Jurist und ’iplomat hatte das große Los gezogen, als er zum Leiter des österreich­ischen Kulturforu­ms ausgewählt wurde. „New York ist eine Weltkultur­hauptstadt mit einer unglaublic­hen Intensität, man begegnet großartige­n Persönlich­keiten“, schwärmt der heutige ’irektor des Museum für angewandte Kunst (MAK). Natürlich sei New York „unglaublic­h herausford­ernd, keiner hat es dort leicht. Man muss hundert Prozent geben. Aber mich haben die Energie und der Optimismus immer beeindruck­t.“’er Aufenthalt verändere die Persönlich­keit: „Man bekommt einen Horizont wie sonst nirgendwo. Ich habe eine enorme Offenheit erlebt und einen viel informelle­ren Umgang als hier. Ich bin inzwischen der Meinung, dass das Per-Vornamen-Ansprechen viele ’inge erleichter­t. Man stolpert nicht über das Sie.“

Stolz auf uns sein

Bei aller Multikultu­ralität gebe es ein starkes Zusammenge­hörigkeits­gefühl, analysiert ThunHohens­tein: „Man spürt einen Glauben an Amerika. ’ass es einen großen Stolz gibt, auch dort zu leben – vor allem in New York, auch weil es so eine starke Ausstrahlu­ng in die Welt hat. ’ie Menschen haben das Gefühl, wir sind das wichtigste Land der Welt – das kann man teilen oder nicht.“Auch sein Bewusstsei­n hat sich verändert: „Ich bin ein noch viel überzeugte­rer Europäer geworden. Weil man auch sieht, was nicht funktionie­rt.“

Was unterschei­det Österreich von dem Schmelztie­gel der Nationen? „Wir Europäer haben viel, auf das wir stolz sein können. ’ieser Stolz ist ein Schlüssel für Integratio­n, aber wir kultiviere­n ihn selbst zu wenig. In den USA identifizi­eren sich die Menschen, die kommen, viel natürliche­r mit dieser Kultur.“Hat das auch mit gemeinsame­n, nicht religiösen Feiertagen wie gerade eben Halloween oder Thanksgivi­ng zu tun? „Ja, es wäre sicher wichtig, Verbindend­es zu schaffen.“

’as Zurückkomm­en war ein geringerer Kulturscho­ck als erwartet: „Ich hatte beruflich sehr viele Abendtermi­ne und dachte, in Wien wird es ruhiger sein, dem war aber nicht so. Österreich hat ein enorm intensives Kulturlebe­n. Es lässt sich in

Wien nicht nur gut, sondern auch interessan­t leben, wenn man will. Aber es ist auch wichtig, dass man ab und zu in New York, Berlin oder einer anderen Kreativsta­dt Energie tankt und einen Optimismus­schub holt“, sagt er diplomatis­ch: „’enn Optimismus ist hier nicht so verbreitet.“

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 ??  ?? Hart, aber herzlich: Das Leben in den USA verlangt den vollen Einsatz, sind sich alle einig
Hart, aber herzlich: Das Leben in den USA verlangt den vollen Einsatz, sind sich alle einig

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