Sieben Österreicher erzählen, wie das Leben in Amerika sie veränderte.
Was begeistert so viele Menschen aus aller Welt an Amerika? Erfolgreiche Österreicher erzählen, wie sie das Leben in den USA verändert hat. Und was sie jetzt an Europa schätzen.
Für rund 17 Millionen Kandidaten aus der ganzen Welt ist morgen Einsendeschluss: ’ann endet die jährliche Green Card Lottery der USA. 50.000 Arbeitsgenehmigungen werden so verlost, zuletzt waren 50 Österreicher unter den Gewinnern. Mitten in seiner Karriere hatte auch Schauspieler Xaver Hutter („Vorstadtweiber“) diese Chance: „Mein Traum war, in den USA mein Glück zu versuchen. Ich war ein Skater, ich mochte Hip-Hop – und Amerika ist einfach Amerika. Ich hatte in einem Burger-Laden ein Inserat für die Lotterie gesehen und mich angemeldet. Und nach einem Jahr wurde ich von der Nachricht überrascht, dass ich die Green Card gewonnen habe. Ich habe hier alles aufgegeben und bin nach L.A. gezogen – so wie alle Schauspieler das machen.“
’ort bekam er eine Menge Jobs: „Autowäscher, Kellner, Caterer auf einem Porno-Set, ich habe alles gemacht. In Österreich hatte ich schon Erfolg, also habe ich mir gedacht, ich brau- che keine Hilfe“, erinnert sich der fesche Wiener lachend an seine fünf Jahre in den USA. Es war hart, gibt er zu: „Hier beschweren sich Schauspieler, wenn sie beim Casting keinen Kaffee angeboten bekommen. ’ort bist du einer von 800.000 und so behandeln sie dich auch.“
’och das Schicksal schenkte ihm einen Hollywood-Moment: „An einem einsamen Sonntag bin ich zum Zeitungskiosk gefahren, um das Magazin mit den Schauspielerjobs zu kaufen. Plötzlich stellt sich auf dem leeren Parkplatz neben mich ein Bentley und wer sitzt drin? JeanClaude van ’amme! Ich habe ihn auf Französisch angesprochen und das hat ihm gefallen, er ist ja Belgier – und wir haben uns unterhalten. ’ann hat er hat gesagt: ,’u hast ein super Gesicht, warum spielst du nicht in meinem nächsten Film mit, gib mir deine Nummer.‘ Wahnsinn! – Natürlich hat er nie angerufen.“
Welt-Kulturhauptstadt
Für seinen Job in New York brauchte Christoph Thun-Hohenstein keine Green-Card-Lotterie. ’er Jurist und ’iplomat hatte das große Los gezogen, als er zum Leiter des österreichischen Kulturforums ausgewählt wurde. „New York ist eine Weltkulturhauptstadt mit einer unglaublichen Intensität, man begegnet großartigen Persönlichkeiten“, schwärmt der heutige ’irektor des Museum für angewandte Kunst (MAK). Natürlich sei New York „unglaublich herausfordernd, keiner hat es dort leicht. Man muss hundert Prozent geben. Aber mich haben die Energie und der Optimismus immer beeindruckt.“’er Aufenthalt verändere die Persönlichkeit: „Man bekommt einen Horizont wie sonst nirgendwo. Ich habe eine enorme Offenheit erlebt und einen viel informelleren Umgang als hier. Ich bin inzwischen der Meinung, dass das Per-Vornamen-Ansprechen viele ’inge erleichtert. Man stolpert nicht über das Sie.“
Stolz auf uns sein
Bei aller Multikulturalität gebe es ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl, analysiert ThunHohenstein: „Man spürt einen Glauben an Amerika. ’ass es einen großen Stolz gibt, auch dort zu leben – vor allem in New York, auch weil es so eine starke Ausstrahlung in die Welt hat. ’ie Menschen haben das Gefühl, wir sind das wichtigste Land der Welt – das kann man teilen oder nicht.“Auch sein Bewusstsein hat sich verändert: „Ich bin ein noch viel überzeugterer Europäer geworden. Weil man auch sieht, was nicht funktioniert.“
Was unterscheidet Österreich von dem Schmelztiegel der Nationen? „Wir Europäer haben viel, auf das wir stolz sein können. ’ieser Stolz ist ein Schlüssel für Integration, aber wir kultivieren ihn selbst zu wenig. In den USA identifizieren sich die Menschen, die kommen, viel natürlicher mit dieser Kultur.“Hat das auch mit gemeinsamen, nicht religiösen Feiertagen wie gerade eben Halloween oder Thanksgiving zu tun? „Ja, es wäre sicher wichtig, Verbindendes zu schaffen.“
’as Zurückkommen war ein geringerer Kulturschock als erwartet: „Ich hatte beruflich sehr viele Abendtermine und dachte, in Wien wird es ruhiger sein, dem war aber nicht so. Österreich hat ein enorm intensives Kulturleben. Es lässt sich in
Wien nicht nur gut, sondern auch interessant leben, wenn man will. Aber es ist auch wichtig, dass man ab und zu in New York, Berlin oder einer anderen Kreativstadt Energie tankt und einen Optimismusschub holt“, sagt er diplomatisch: „’enn Optimismus ist hier nicht so verbreitet.“