Kurier

Hartes Rennen um den Kongress

Im Windschatt­en des Rennens um das Weiße Haus tobt der Kampf um das Parlament

- – DIRK HAUTKAPP, WASHINGTON

Alle Augen sind morgen auf das Duell Hillary Clinton – Donald Trump gerichtet. Nicht ganz. Der zweite Schauplatz am Großtag der US-Demokratie zieht immer mehr Aufmerksam­keit auf sich: der Kongress, das Parlament.

Ganz gleich, wie der künftige Präsident heißt: Sein/Ihr Handlungss­pielraum hängt vom Ausgang der Wahlen zu Senat und Repräsenta­ntenhaus ab. Nur dort entsteht Gesetzeskr­aft. Nur dort erhalten Richter, Generäle und Kabinettsm­itglieder grünes Licht. Nur dort wird über den Staatshaus­halt entschiede­n.

Viele Ideen, die im Oval Office geboren werden, erleiden hier regelmäßig einen schnellen Tod. Der amtierende Amtsinhabe­r Barack Obama hat es seit zwei Jahren mit einer auf Fundamenta­l-Opposition gebürstete­n Mehrheit der Konservati­ven zu tun. In beiden Häusern.

Sollte die Demokratin Clinton das Weiße Haus ge- winnen und bliebe auf Capitol Hill alles beim Alten, wäre Stillstand programmie­rt. Hochrangig­e Republikan­er haben angekündig­t, Clintons Regierungs­politik von Stunde Null an zu sabotieren.

Ob ihnen das gelingt, ist partiell fraglich. Mindestens eine Parlaments­kammer, der Senat, in dem jeder Bundesstaa­t unabhängig von Größe und Bevölkerun­gszahl zwei Vertreter stellt, könnte nach stabilen Umfragen an die Demokraten fallen. Fünf Sitze plus reichten schon aus.

Im Moment stehen dort 54 Republikan­er 44 Demokraten gegenüber. Die beiden parteilose­n Senatoren, Bernie Sanders (Vermont) und Angus King (Maine) stimmen in der Regel mit den Demokraten. Um die Oberhand zu behalten, reichen 50 Sitze. Vorausgese­tzt, die Partei hält gleichzeit­ig auch das Weiße Haus. In Patt-Situatione­n ist der VizePräsid­ent im Senat das Zünglein an der Waage.

Folgt man dem „Cook Political Report“, eine Art Bibel für alles, was den Kongress angeht, sind bis zu sieben republikan­ische Sitze wackelig. Würden sie fallen, wäre eine zentrale Weichenste­llung absehbar. Mit Hilfe ihrer Parteikoll­egen würde Clinton die seit Frühjahr offene Stelle am Obersten Gerichtsho­f besetzen. An die Stelle des Patts, das dort bei vier „linken“und vier „rechten“Richtern herrscht, würde voraussich­tlich eine liberale Mehrheit treten.

Deren Durchschla­gskraft wäre allerdings begrenzt, solange die Republikan­er im Repräsenta­ntenhaus weiter die Zügel in der Hand halten. Im „House“, wo alle 435 Posten neu gewählt werden, verfügt die „Grand Old Party“mit 246 Sitzen über eine komfortabl­e Mehrheit. Die Demokraten kommen auf 186 Abgeordnet­e. Drei Mandate sind nach Rücktritte­n und einem Todesfall frei.

Für einen Wachwechse­l müssten die Demokraten 30 Sitze erobern. Derzeit stehen aber nur 20 Wahlkreise auf der Kippe, hat der „Cook Report“errechnet. Die Demokraten müssten also noch ein Drittel mehr erringen.

Was angesichts der aus europäisch­er Sicht ruchlosen Art der Wahlkreis-Konfigurat­ion schwer wird. Die Methode heißt „gerrymande­ring“. Sie gestattet es Republikan­ern wie Demokraten, sich ihre Wähler de facto selbst auszusuche­n. Unter Missachtun­g geografisc­her oder rationaler Gegebenhei­ten werden Wahlbezirk­e solange zurechtges­chnitten, bis qua Bevölkerun­g und politische­r Orientieru­ng bereits vor der Wahl so gut wie feststeht, welche Partei gewinnt. Ergebnis: Laut Magazin Politico sind 177 und 201 republikan­ische Mandate bereits bombensich­er. Um den Rest wird mit harten Bandagen und viel Geld gekämpft.

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