Hymnisches Leid im Stroboskop-Gewitter
White Lies in der Ottakringer Brauerei
„I’m in love with a feeling“, singt Harry McVeigh im ersten Song, bei dem es um unerfülltes Liebesglück geht. Die Ausfahrt aus diesem HerzSchmerz-Tunnel ist aber nicht ganz so einfach zu nehmen und daher bittet der Sänger der aus London stammenden Indiepop-Band den lieben Gott gleich mehrfach um Hilfe: „Take It Out On Me“. In einem ähnlich hoffnungslosen wie düsteren Tonfall geht es dann die kommenden 90 Minuten weiter. Man hört Hymnen zur Lage der gekränkten Seelen. Niemand hat gesagt, dass das Leben einfach ist.
Die Ottakringer Brauerei, die am Samstagabend bis auf den letzten Platz gefüllt ist, ist in Qualm der unermüdlich arbeiteten Nebelmaschine gehüllt. Das Licht ist gedimmt, die Neonröhren flackern nur dann auf, wenn der Refrain ansteht. Diese depressive Stimmung passt dann auch ganz gut zu Songtiteln wie „Death“oder „To Lose My Life“. Es sind Nummern ihres ersten Albums aus dem Jahr 2009, das die Band auf Platz 1 der UK Charts spülte. Darauf finden sich vierminütige Minidramen, die das Trio, das live von einem Typ am Synthesizer begleitet wird, abliefert. Musikalisch wandeln die Twenty- somethings dicht auf den Spuren von Bands wie „Ultravox“und „Echo & The Bunnymen“– es ist ein von New Wave, Post-Punk und Synthiepop der Frühachtziger geprägter Sound, der zum Melancholischen neigt. Auf dem kürzlich veröffentlichten, vierten Longplayer mit dem Titel „Friends“ziehen sie die Depression aber durch ein gut gezuckertes Klangbad. Songs wie „Is My Love Enough?“oder „Hold Back Your Love“erinnern an Discoschlager im Geiste von Erasure – in den schmalzigsten Momenten an Toto und Hall & Oates. Dazu tanzte man in den Landdiscos der 80er-Jahre gerne eng. Hose an Hose.
So richtig überzeugen können einen die White Lies damit nicht. Besser gelingt ihnen das mit einer neuen Version vom Song „E.S.T.“, in dem ratternde Beats von einem metallisch klingenden Bass begleitet werden und die elektronisch synthetisierte Finsternis aus der Konserve den guten Rest erledigt. Zum Stroboskop-Gewitter stirbt die Band dann den Bühnentod. Das wird eifrig vom Publikum textsicher besungen, betanzt und beklatscht. Geteiltes Leid ist halbes Leid.