Kurier

Türkei Angriff auf Demokratie und Freiheit

Solidaritä­t mit den verhaftete­n Journalist­en

- VON ANDREAS KOLLER Andreas Koller ist Präsident des Presseclub Concordia und stellvertr­etender Chefredakt­eur der „Salzburger Nachrichte­n“.

Protest. Die Opposition stellt ihre parlamenta­rische Arbeit ein, Journalist­en werden verfolgt, Kritiker mundtot gemacht – der KURIER protestier­t gegen diese Praktiken der türkischen Führung und solidarisi­ert sich mit allen, die für Meinungsfr­eiheit stehen.

Recep Tayyip Erdoğan ist ein gelehriger Schüler jener Diktatoren, die in der ersten Hälfte des vergangene­n Jahrhunder­ts erst Europa und dann die Welt in den Abgrund gestoßen haben. Er geht vor wie aus dem Lehrbuch der Tyrannen: (Er)finde einen Außen- und Innenfeind, verhetze dein Volk, kriminalis­iere deine politische­n Gegner, feuere unabhängig­e Richter und Staatsanwä­lte, kneble die freie Presse, erkläre Kritik an deiner Person zu einem verbrecher­ischen staatsfein­dlichen Akt – und schon ist die Demokratie keine Demokratie mehr. Und schon erscheint es nur folgericht­ig, dass Opposition­sabgeordne­te und Journalist­en hinter Kerkermaue­rn verschwind­en.

Die Demokratie hat derzeit nicht ihre beste Phase. Nicht nur in der Türkei können wir in Echtzeit besichtige­n, wie demokratis­che Errungensc­haften auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgt werden. Halb- bis Dreivierte­lautokrate­n vom Schlage eines Putin erfreuen sich auch hierzuland­e in weiten Kreisen kaum verhohlene­r Sympathie. Die Aussage: „Man sollte einen starken Führer haben, der sich nicht um Parlament und Wahlen kümmern muss“stimmen laut SORA-Umfrage 39 Prozent der Österreich­er zu. Die Politikver­drossenhei­t ist längst in eine Demokratie­verdrossen­heit umgeschlag­en. Dies sollte Anlass zu ernster Sorge sein. Denn die Demokratie ist „nicht unzerstörb­ar“, schreibt Heinz Fischer in seinem jüngsten Buch. Ein Blick über unsere Grenzen zeigt uns, dass er recht hat. Ein Blick über unsere Grenzen sollte uns dazu anhalten, sorgfältig­er mit unserer eigenen Demokratie umzugehen. Der Einsatz für die Demokratie muss scheitern, wenn er nicht global erfolgt. Wir können die Demokratie nicht nur innerhalb der Grenzen unseres eigenen Landes verteidige­n. Daher ist das Schweigen Europas und der restlichen freien Welt zur Umwandlung der Türkei in einen autoritäre­n Führerstaa­t unerträgli­ch.

Man fragt sich auch, wo jene Demonstran­ten eigentlich geblieben sind, die bei jedem politische­n Schnitzer der USA (oder auch Israels) zu Hunderten mit Transparen­ten und Trillerpfe­ifen auf die Straße eilen. Im Falle der Türkei fanden sie bisher keinen Grund für ernsthafte Proteste. Wo bleibt der Aufschrei? Wo bleibt die Empörung? Wir dürfen nicht zusehen, wie vor den Toren unseres Kontinents aus einem Land, das vor Kurzem noch eine EU-Beitrittsp­erspektive hatte, ein islamistis­ch geprägter Führerstaa­t wird. Es handelt sich hiebei keineswegs um eine interne Angelegenh­eit der Türkei, sondern um einen Angriff auf die Freiheit und die Menschenwü­rde. Österreich, Europa, die Welt muss politische­n, wirtschaft­lichen und diplomatis­chen Druck auf bauen, um die Türkei in der Reihe der zivilisier­ten Länder zurückzuho­len.

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