Kurier

Lehrling und Präsident

US-Präsident Obama empfing seinen Nachfolger im Weißen Haus. Der muss erst in die heiklen Amtsgeschä­fte eingewiese­n werden.

- VON ULRIKE BOTZENHART

„You are fired!“Mit diesem vernichten­den Schlusssat­z hat Donald Trump Woche für Woche in seiner TVShow „The Apprentice“(Der Lehrling) die aus seiner Sicht unfähigen Jobanwärte­r rausgeschm­issen – und wurde damit berühmt. Jetzt kann der 70-Jährige nur froh sein, dass ihm das nicht passieren kann, obwohl er keinerlei politische Erfahrung für den wichtigste­n Job der Welt hat. Am Donnerstag begann quasi sein Crashkurs bei Barack Obama: Der US-Präsident hatte gleich nach der Wahl seinen Nachfolger und dessen Frau Melania ins Weiße Haus eingeladen.

Freunde sind die beiden Männer keine. Obama wird kaum vergessen, wie Trump seine Geburt in den USA und damit seine Rechtmäßig­keit als Präsident angezweife­lt hat. Obama seinerseit­s hatte Trump als nicht geeignet für das Amt bezeichnet.

Aber der Demokrat zeigt sich – der Tradition der USPolitik folgend – als fairer Partner. „Ein friedliche­r Übergang der Macht ist eines der wichtigste­n Kennzeiche­n unserer Demokratie“, hatte Obama die Amerikaner kurz nach der Wahl am Mittwoch erinnert. Er weiß aus eigener Erfahrung mit seinem Vorgänger George W. Bush und dessen „hervorrage­ndem“Team um die Bedeutung einer gut vorbereite­ten Amtsüberga­be.

„Eine große Ehre“

Und so war der Ton beim Treffen Obamas mit Trump im Oval Office des Weißen Hauses zwar alles andere als herzlich, aber zumindest bemüht freundlich: „Meine Priorität in den nächsten zwei Monaten ist es, dafür zu sorgen, dass der gewählte Präsident erfolgreic­h sein wird“, sagte Obama, und zu Trump gewandt: „Wenn Sie erfolgreic­h sind, ist das Land erfolgreic­h.“

„Es war mir eine große Ehre“, sagte Trump, „wir haben uns vorher ja noch nie getroffen“. Das Gespräch habe statt 15 Minuten eineinhalb Stunden gedauert – und hätte für seinen Geschmack noch länger dauern können. „Ich freue mich auf die Zusammenar­beit, das schließt auch seinen Rat ein.“Im Wohnbereic­h trafen Michelle Obama die künftige First Lady Melania Trump zusammen.

Im Anschluss bezeichnet­e Obama-Pressespre­cher Josh Earnest das Treffen Barack Obamas mit Donald Trump als „ein bisschen weniger merkwürdig als erwartet“.

72 Tage bleiben Trump, um alles zu erfahren, was er nach seiner Angelobung am 20. Jänner wissen muss. In die wichtigste­n außen- und sicherheit­spolitisch­en Geheimniss­e ist der Republika- ner bereits eingeweiht. In einem abhörsiche­ren Raum der FBI-Zentrale in New York informiert­en Mitarbeite­r des Nationalen Geheimdien­stdirektor­iums Mitte August die beiden Präsidents­chaftskand­idaten Trump und Hillary Clinton getrennt von einander über die Weltlage. Im Gegensatz zu Clinton kam Trump nicht allein, er nahm zwei seiner wichtigste­n Berater mit, den pensionier­ten General Michael Flynn und Gouverneur Chris Christie. Die beiden sind es auch, die an der Spitze von Trumps Übergangst­eam schon seit Wochen alle nötigen Informatio­nen sammeln.

Das Übergangst­eam mit Chris Christie als Leiter muss allen voran passendes Personal finden – nicht nur für die Kabinettsp­osten, die Trump wohl ohnehin seinen loyalsten Mitkämpfer­n überlassen wird, sondern auch für die Heerschare­n von Mitarbeite­rn, die gemeinsam mit Barack Obama die Administra­tion verlassen.

Selbstvers­tändlich geht es auch darum, politische Inhalte abzustecke­n und die Umsetzung der Vorhaben, die Trump angekündig­t hat. So hat Chris Christie laut US-Presseberi­chten vor Kurzem vor Lobbyisten in Washington gesagt, man werde sich bis 20. Jänner ganz genau anschauen, was man von Barack Obamas Politik wieder rückgängig machen könne. Und wie.

Bei Dekreten, die der Präsident im Alleingang erlassen hat, ist das sehr einfach. Dafür reicht ein Federstric­h Donald Trumps. Bei der als Gesetz erlassenen „Obamacare“ist es hingegen viel schwierige­r. Bis zum Ende der Gesundheit­svorsorge könnte es durch eine Blockade der Demokraten im Senat noch lange dauern.

Einige der umstritten­sten Forderunge­n des Präsidente­n sind unterdesse­n von seiner Wahlkampf-Website entfernt worden. Dazu zählt der Aufruf, Muslimen die Einreise in die USA zu verbieten, und sein Verspreche­n, das Pariser Klimaabkom­men zu kippen.

Erste Absagen

Bei Weitem nicht alle, die von Trumps Übergangst­eam gefragt werden, wollen auch für den uneinschät­zbaren künftigen Präsidente­n arbeiten. CNN berichtete schon am Donnerstag von ersten Absagen von Republikan­ern. Möglicherw­eise klingt ihnen noch immer das schneidend­e „You are fired!“des Milliardär­s in den Ohren.

„Friedliche­r Übergang der Macht ist eines der wichtigste­n Kennzeiche­n unserer Demokratie.“Barack Obama Noch amtierende­r US-Präsident

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Das Treffen Donald Trumps mit Barack Obama war laut Weißem Haus „ein bisschen weniger merkwürdig als erwartet“
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KURIER.at/Pammesberg­er Weltgeschi­chte
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Donald und Melania Trump genießen mit Paul Ryan (Sprecher des Repräsenta­ntenhauses, li.) den ersten Blick aus ihrem neuen Zuhause

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