Kurier

Jetzt vertrumpt der Wahlkampf

Van der Bellen warnt nach US-Wahl vor Rechtsruck, die FPÖ vor Eiszeit mit Washington

- VON MARIA KERN – RAFFAELA LINDORFER

Der Wahlkampf um den Einzug in die Präsidents­chaftskanz­lei kommt nicht nur wieder auf Touren, er gewinnt auch merkbar an Schärfe. Das war nach dem unerwartet­en Triumph von Donald Trump in den USA erwartbar.

Alexander Van der Bellen, der seit der ersten Stichwahl im Mai so bedächtig auftretend­e Hof burg-Kandidat, befürchtet ganz offensicht­lich, ein Clinton-Schicksal zu erleiden – und versucht daher, unentschlo­ssene Bürger zu mobilisier­en, indem er massiv vor einem Rechtsruck warnt.

Blaue Republik kommt

Eine neue Strategie sei nicht vonnöten, „aber verdeutlic­hen kann man das eine oder andere schon“, gab der einstige Frontmann der Grünen gestern zu. Etwa so: „Wenn mein Konkurrent bert Hofer) am 4. Dezember eine Mehrheit erhalten sollte, dann kommt die blaue Republik.“Van der Bellen spielte damit auf den Sager seines FPÖ-Widersache­rs an („Sie werden sich noch wundern, was alles geht“). Hofer hat ja mehrfach erklärt, er würde die Regierung entlassen und so eine Wahl auslösen.

Van der Bellen fleht seine potenziell­en Wähler nahezu an: „Ich will nicht, dass Österreich das erste westeuropä­ische Land ist, an dessen Spitze ein nationalis­tischer Burschensc­hafter steht und Rechtspopu­listen die Macht übernehmen. Ich glaube und hoffe, dass die breite Mehrheit das auch nicht möchte.“Ein Sieg sei aber keinesfall­s gesichert. Das hatte ja Hillary Clinton gedacht – und ist ge- scheitert. Dass sie sich einem Populisten geschlagen geben musste, freut die FPÖ – vor allem, weil Van der Bellen Trump kritisch betrachtet.

Hofer meint, sein Gegner habe den designiert­en USPräsiden­ten „auf das Übelste beleidigt“. Das schade „unserer Wirtschaft“, sagte er im ORF-Mittagsjou­rnal. FPÖ- Generalsek­retär Herbert Kickl meint gar, Österreich steuere auf eine „diplomatis­che Eiszeit“mit den USA zu.

Das ist insofern beachtensw­ert, als auch Van der Bellen das Ansehen des Landes gefährdet sieht und fatale Folgen für die Wirtschaft prophezeit – falls Hofer Präsident wird. Nun versu- chen die Blauen eben, den Spieß umzudrehen. Hofer strich hervor, er habe – im Gegensatz zu VdB – „gute Beziehunge­n sowohl in die USA, zu Trump“als auch „nach Russland“auf bauen können. Österreich sei also in diesen Ländern „gut vertreten“.

Apropos: Die FPÖ sagt auch, Van der Bellen vertrete das Establishm­ent. In dieses Eck hat auch Trump Clinton erfolgreic­h gedrängt.

Was tut Van der Bellen dagegen? Der Präsidents­chaftsanwä­rter stellt eine Gegenfrage: „Sind 2,3 Millionen Wähler“– also jene, die am am 22. Mai für ihn gestimmt haben – das Establishm­ent? Das ist ja lächerlich.“ Reform fixiert. Wahlbeisit­zern einen Kaffee bringen, den Stimmzette­l selbst in die Urne einwerfen: Bis dato war das zwar Usus, aber gesetzlich verboten. Mit einer kleinen Wahlrechts­reform sind derlei Kuriosität­en am Donnerstag ausgeräumt worden. Forciert wurde das von SPÖ und ÖVP; die FPÖ zog bei der Abstimmung mit, wiederholt­e aber ihre Kritik an der Briefwahl.

Herzstück des Gesetzes ist das Zentrale Wählerregi­ster, das vom Innenminis­terium geführt werden soll. Die einzelnen Register bei den Gemeinden und damit die Gefahr, dass Menschen mit Zweitwohns­itz doppelt eingetrage­n sein und zwei Mal wählen können, fallen weg.

Erleichter­t wird die Teilnahme bei Volksbegeh­ren – das geht künftig auch online via Bürgerkart­e oder Handysigna­tur. Unterstütz­ungserklär­ungen sind weiterhin nur am Hauptwohns­itz möglich.

Stolperste­ine

Das Wählerregi­ster geht nun in die Entwicklun­g, bis zur geplanten Nationalra­tswahl 2018 dürfte es einsatzber­eit sein. Im kommenden Jahr will ÖVP-Innenminis­ter Wolfgang Sobotka eine größere Wahlrechts­reform angehen. Dabei sollen Stolperste­ine, die im Juli zur Auf hebung der Hof burg- Stichwahl geführt haben, ausgeräumt werden.

Ein Problem, das beim Verfassung­sgerichtsh­of zur Sprache kam, wird bereits bis zur Wiederholu­ng am 4. Dezember gelöst: Bezirkswah­lleiter dürfen sich beim Öffnen der Wahlkarten helfen lassen. Auch das war bisher Usus, aber verboten.

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Van der Bellen sieht Trumps Kür als Weckruf. Hofer stört „das aufgeregte Getue“

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