Keine Angst vor dem Hüftschwung
Der 11. 11. läutet die Ballsaison ein. Und Tanzen boomt – vor allem bei jungen Erwachsenen
Mittwochabend in der größten Tanzschule Österreichs: Im „Tanzcafé“üben Paare zwischen den Kursen die gerade erlernten Schritte, an der Bar genehmigt sich ein junges Pärchen einen Aperol Spritz. Im ersten Stock beginnt gerade der Grundkurs – Tanzlehrer Adi animiert die Männer und Frauen zum fröhlichen Hüftschwingen. Die Aufwärm-Musik könnte auch in einer Disco laufen.
Unter den Paaren sind Jasmin und Stefan: Seit drei Monaten kommen sie in die Tanzschule Schwebach. Anfang November wurde der neue Standort im 22. Bezirk eröffnet – inklusive 600 m² Tanzfläche auf fünf verschiedenen Dancefloors. „Es ist einfach eine gute Gelegenheit, um Zeit zu zweit zu verbringen“, sagt die 32-Jährige. Auch ihr Freund freut sich auf den wöchentlichen Fixtermin. „Tanzen ist für mich schon eine Herausforderung“, gibt er lachend zu. „Aber hier in der Tanzschule kümmert man sich gut um uns Männer.“
Unkompliziert
Tanzschuldirektor Thomas Schwebach ist es ein Anliegen, dass sich seine männlichen Kunden nicht vor der Tanzstunde fürchten. Tanzen soll in erster Linie Spaß machen, betont er. Deshalb gibt es auch keinen Dresscode. „Das ist generell ein Trend, den wir beobachten. Die Leute wollen auf Bällen keine umständlichen Figuren oder komplizierten Schritte tanzen, sondern die Basics beherrschen. Tanzen soll keinen Druck erzeugen. Es ist und bleibt eine lockere Freizeitbeschäftigung.“
Und die wird vor allem bei jungen Erwachsenen zwischen 20 und Mitte 30 im- mer beliebter. „Die Zahl der Schultanzkurse hat in den vergangenen Jahren abgenommen“, berichtet Schwebach. „Dafür kommen heute sehr viele junge Erwachsene mit dem ersten langjährigen Freund zu uns.“
Auch Profi-Tänzer und Tanzschulbesitzer Thomas Kraml beobachtet diesen Trend. Pro Semester buchen an die 500 Studenten einen Kurs in seiner Schule. „Die Nachfrage ist extrem“, erzählt er. „TV-Formate wie ‚Dancing Stars‘ haben das Produkt ‚Tanzen‘ wieder gesellschaftsfähig gemacht. Früher hat man eher nicht erzählt, wenn man mit seinem Partner einen Tanzkurs besucht. Heute ist das Gegenteil der Fall.“
Studentin Nathalie kommt seit Oktober mit ihrem Freund zur Schule im 3. Bezirk. „Tanzen ist eine Art von Bewegung, die mir Spaß macht“, erzählt sie. „Außer- dem gehen wir beide gerne auf Bälle, da ist es sinnvoll, wenn man ein paar Standardtänze beherrscht.“
Tanzen müsse von den Schulen als Lifestyleprodukt begriffen werden, sagt der Profi – wichtig sei ein Rundumpaket, inklusive Bar, Side-Events, lockerer Atmosphäre. „Man darf nicht vergessen: Wir befinden uns auf dem Freizeitmarkt, nicht auf dem Bildungsmarkt.“Auch bei ihm herrscht weder Rocknoch Anzugpflicht.
Nicht einmal einen Partner braucht man, um in die Tanzstunde zu gehen: SingleKurse sind gefragt, bei Schwebach genauso wie bei Kraml. Und zwar nicht nur bei Alleinstehenden: In die Tanzschule Stanek kommen viele Paare in den Single-Kurs, wo die Tanzpartner gewechselt werden, berichtet Geschäftsführer Andrei Chitu. „So können sie auch einmal mit jemand anderem tanzen.“