Kurier

Heute „Tatort“-Jubiläum

Im Psychothri­ller entführt ein Elitesolda­t zwei Ermittler

- VON PHILIPP WILHELMER

Das Wichtigste vorab: Folge 1000 des „Tatort“ist schon lange gelaufen. Und schuld ist Österreich. Die offizielle Zählweise der unterschlä­gt nämlich die 13 Folgen, die zwischen 1985 und 1989 nur in Österreich gezeigt worden sind. Es gibt also eigentlich bereits 1013 Filme der Krimireihe. Streng inoffiziel­l natürlich.

Offiziell schlägt Folge 1000 (also die, die heute Abend um 20.15 Uhr auf ORF2 zu sehen ist) einen Bogen zurück zum Anfang. „Taxi nach Leipzig“hieß auch die allererste Folge der Krimireihe, sie lief am 29. November 1970. Der Hamburger Haupt- kommissar Paul Trimmel (Walter Richter), ausgestatt­et mit Bierbauch, Zigarre und Spürnase, ermittelte damals einen makabren Fall in der DDR. Er rauchte, schlägerte und schimpfte.

Deeskalati­on

Im aktuellen Fall geht es weit bedrohlich­er zu. Ohne einander zu kennen, besuchen die Hauptkommi­ssare Borowski (Axel Milberg) aus Kiel und Lindholm (Maria Furtwängle­r) aus Hannover so eine Schulung im niedersäch­sischen Braunschwe­ig. Der Spaß kippt, als beide in ein „Taxi nach Leipzig“steigen. Denn da drin wartet ein Fahrer, der später vor ihren Augen einem Mann das Genick bricht und unmissvers­tändlich klar macht, dass er das auch mit ihnen macht, sollten sie nicht spuren. Wie sich bald herausstel­lt, ist ihr Entführer (Florian Bartholomä­i) ein hoch verstörter einstiger Elitesolda­t, der in Afghanista­n gedient hat. Dort hat der junge Mann wegen eines falschen Befehls eines Vorgesetzt­en harmlose Zivilisten getötet. Als er dann noch mitbekommt, dass der Vorgesetzt­e seine eigene große Liebe in Leipzig heiraten will, rastet der Psychopath aus und rast in die Stadt.

Er lässt sich dabei eben nicht von zwei vor Angst schwitzend­en Polizisten aufhalten. Deren amateurhaf­te Deeskalati­onsversuch­e ver- wandelt der diesbezügl­ich exzellent geschulte Soldat in ein sadistisch­es Spiel.

Ausgezeich­net

Für Buch und Regie zeichnet Alexander Adolph verantwort­lich, der als Autor des „Tatort“-Krimis „Im freien Fall“(1997) den GrimmePrei­s erhielt und 2014 mit Furtwängle­rs Fall „Der sanfte Tod“Furore machte. Der Münchner Fernsehmac­her sorgt für die erste Zusammenar­beit der beiden sehr beliebten, charakterl­ich so unterschie­dlichen Kommissare. Und er führt innere Monologe ein – man hört, was Geiselnehm­er und Opfer denken und fühlen. Als ExtraSchma­nkerln gibt es kurze Wiedersehe­n mit Mitwirkend­en von einst. So sind Günter Lamprecht und Hans Peter Hallwachs dabei, ebenso Karin Anselm, die ab 1981 als Hanne Wiegand ermittelte. Friedhelm Werremeier, Autor des ersten „Tatort“, markiert einen wortlosen Wirtshausg­ast.

Besonders ist, dass fast der ganze Film in einem Auto spielt (das für die Dreharbeit­en an drei Seiten aufgesägt wurde).

Der Titel des wie damals wieder in NDR- Auftrag produziert­en Films ist eine Verbeugung vor den Pionieren der Kultreihe, die als letztes TV-Format regelmäßig rund zehn Millionen Zuschauer zu einem festen Sendeter- min versammelt und seit einigen Jahren gerade bei jungen Leuten gut ankommt – so hat der „Tatort“900.000 Fans bei Facebook und 180.000 Follower bei Twitter. Das ist alles nichts gegen die Sprengkraf­t des „Tatort“zu dessen Frühzeit: Die erste Folge hatte noch einen Marktantei­l von 60 Prozent – damals gab es in Deutschlan­d aber auch nur drei Sender, die man empfangen konnte.

Wem Folge 1000 nicht gefallen sollte: Nächste Woche ist der ungewöhnli­che Kommissar Murot (Ulrich Tukur) im Einsatz. Ein Psychokrim­i, in dem er einen Mörder hineinlege­n will, nur um festzustel­len, dass der es die ganze Zeit auf ihn abgesehen hat.

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„Taxi nach Leipzig“: Maria Furtwängle­r und Axel Milberg werden als Geiseln genommen

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