Kurier

Der Holocaust – auf

Wie gehen israelisch­e Jugendlich­e mit der Judenverni­chtung um? Eine Doku stützt sich auf selbst gedrehtes Material. Ein interessan­tes Projekt.

- VON PHILIPP WILHELMER

„Auschwitz und so’n Kram. Mal sehen, was da geht.“Ein deutscher YouTuber versucht es mit Cool-Sein und versucht, über seinen Besuch im Vernichtun­gslager einen Videoblog zu drehen. Später lässt er es sein,weil das ganze ungehörig scheint.

Jakob alias „jkb“dient als roter Faden durch ein digitales Erinnerung­sprojekt, in dem die User gemeinsam über den Holocaust nachdenken können. „Erinnerung­skultur, wie geht das heutzu- tage?“war die Frage, der sich die Regisseure Udi Nir und Sagi Bernstein bei diesem Projekt mit dem provokante­n Titel „Uploading Holocaust“stellten. Es besteht aus einer Doku (heute, 23.05 Uhr, ORF2) und dem – auch in Österreich abruf baren – Digitalpro­jekt.

In dem Film bedienen sich die beiden der Videoclips Tausender israelisch­er Jugendlich­er, die jährlich zum Klassenaus­flug nach Polen auf brechen, um die Orte systematis­cher Vernichtun­g zu sehen. Von den Schulen sind sie angehalten, Filme vom Erlebten zu machen und auf YouTube zu stellen. Aus diesem vorhandene­n Material montierten Nir und Bernstein den gesamten Film. Ohne Off-Kommentar und ohne Einordnung. Ein starkes Experiment, das polarisier­t.

Selfies

Es ist tröstlich zu sehen, dass sich auch israelisch­e Jugendlich­e beim Erinnern so blöd aufführen wie die Österreich­er: Da werden Selfies geschossen, Witze gerissen (was in dem Kontext nur bei Juden durchgeht), und im Vernichtun­gslager Auschwitz wird probiert, wie kalt den KZ-Insassen einst wirklich war. Wie? Indem man sich auszieht. Teenager eben.

Auch die Nachkommen der Opfer des Holocaust stolpern mit ihren Handys durch die Geschichte. Wie angemessen­e Erinnerung funktionie­rt, ist eine Frage, die sich auch hierzuland­e immer wieder stellt.

Der Film rückt die israelisch­e Variante ins Licht: Das Land schickt seine Schüler nach Auschwitz und andere Orte der Vernichtun­g und lässt sie in Rollenspie­len die Emotion der zu Tode gekommenen nachempfin­den.

Das führt zu emotionale­n Zusammenbr­üchen, wie in den berührende­n selbst gedrehten Videos zu sehen ist.

Regisseur Nir steht dieser

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Erinnerung: Israelisch­e Schüler beim Klassenaus­flug in Polen

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