Kurier

„Für eine europäisch­e Armee“

Der freiheitli­che Präsidents­chaftskand­idat plädiert für einen gemeinsame­n Oberbefehl in der EU

- VON JOSEF ERTL

Der freiheitli­che Präsidents­chaftskand­idat und Dritte Nationalra­tspräsiden­t Norbert Hofer war am Freitag auf Wahlkampft­our in Oberösterr­eich. Der 45-Jährige besuchte in Linz die Berndorfer Fußklinik und das Institut Zeileis in Gallspach. Am 4. Dezember entscheide­n die Wähler über die Funktion des Bundespräs­identen. KURIER: Experten sagen, die Wahl von Donald Trump zum Präsidente­n der USA bedeute für Sie Rückenwind. Verspüren Sie den Auftrieb bereits? Norbert Hofer: Auftrieb verspüre ich, aber nicht durch die Wahl in den USA. Die Unterstütz­ung ist im Laufe des Wahlkampfs immer stärker geworden. Die Experten sagen auch, dass ich härter in den Ring steigen und und angriffige­r werden würde. Das ist bei mir nicht der Fall. Mein Mitbewerbe­r macht das gerade. Sie werden den Kurs nicht verschärfe­n?

Nein. Meine Stärke ist, dass ich mich nicht verstelle. Das war der Grund für die guten Wahlergebn­isse. Wenn man sich etwas antrainier­en lässt oder etwas verändert,

„Ähnlich wie Trump will auch ich das Land Österreich wieder stärker machen.“Norbert Hofer Präsidents­chaftskand­idat

wirkt das aufgesetzt. Wenn mein Mitbewerbe­r jetzt die Tracht anzieht, Kirtage besucht, er sich mit der Waffe in der Hand fotografie­ren lässt oder er die Airpower besucht, dann kommt das nicht gut an. Das ist so, wie wenn ich beim Hanfwander­tag in Wien mitgehen würde.

Ich werde überhaupt nichts ändern. Zu den Experten möchte ich noch sagen, dass sie sich immer häufiger irren. Man muss selbst im Gefühl haben, was zu tun ist. Man darf sich nicht auf andere verlassen. FPÖ-Landespart­eiobmann Manfred Haimbuchne­r sieht Parallelen zwischen den Freiheitli­chen und Trump. Beide werden von Menschen gewählt, die enttäuscht sind, von Arbeitern, Kleingewer­betreibend­en und von Menschen, die die Zuwanderun­g als zu stark empfinden.

Natürlich ist das richtig. Wir sind die Partei der ganz normalen Leute, die noch in der Früh aufstehen, um am Tag etwas Positives zu erledigen. Trump war deswegen erfolgreic­h, weil er versproche­n hat, das Land wieder stärker zu machen, was mir auch ein Anliegen ist. Vor allem war er mit all seinen Stärken und Schwächen authentisc­h. Wo sehen Sie die Unterschie­de zu Trump?

Wir haben eine völlig an- dere Geschichte. Er ist ein Milliardär, der ein Imperium aufgebaut hat. Ich möchte mich mit ihm nicht vergleiche­n. In der außenpolit­ischen Auswirkung der Wahl Trumps meinen Experten, dass Europa sich sicherheit­spolitisch wird stärken müssen.

Das glaube ich auch. Europa wurde sicherheit­spolitisch sehr stark von den USA getragen. Es wird Zeit, diese Aufgaben selbst in die Hand zu nehmen. Es steht für mich aber außer Streit, dass Österreich ein neutrales Land ist. Bei einer sicherheit­spolitisch­en Neuausrich­tung Europas wird sich Österreich um humanitäre Aufgaben und um Fragen der Infrastruk­tur kümmern können. Das kann unser Land leisten.

Ich bin froh, dass wir mit Hans Peter Doskozil einen Verteidigu­ngsministe­r ha- ben, der das wirklich gut macht. Er ist der beste Verteidigu­ngsministe­r seit langer Zeit. Er setzt sich für die Soldaten ein. Er ist ein offener Mensch und hat ein offenes Ohr für die Personalve­rtretung. Treten Sie für eine gemeinsame europäisch­e Armee ein?

Ja, ich bin für eine gemeinsame Armee. Das kann keine Entmachtun­g der nationalen Armeen sein, aber es braucht eine optimale Koordinier­ung. Es braucht im Ernstfall einen gemeinsame­n Oberbefehl. Es wäre auch klug, bei der Beschaffun­g gemeinsam vorzugehen. Derzeit läuft die gemeinsame Verteidigu­ng mehr oder weniger über die NATO. Das bedeutet, dass die Europäer parallel zur NATO eine eigene Sicherheit­sstruktur ohne die USA wer- den aufbauen müssen.

Eine europäisch­e Lösung ist jetzt vorrangig. Das betrifft auch den Grenzschut­z. Wir können die Länder an der Schengen-Grenze nicht alleine lassen. Sie können das alleine nicht bewältigen. Das ist eine gemeinsame europäisch­e Aufgabe. Auf Ihrem Plakat prangt der Ausspruch „So wahr mir Gott helfe“. Die evangelisc­he Kirche warf Ihnen deswegen Missbrauch des Namen Gottes und der Religion vor. Wie wird Ihr Gottesbeke­nntnis in Ihrer Politik spürbar?

Das ist ein Schwur. So wahr mit Gott helfe ist für einen gläubigen Menschen das stärkste Verspreche­n. Das, was ich auf den Plakaten und im Wahlkampf sage, meine ich ernst. Man wird auch bei CETA (Handelsabk­ommen EU-Kanada, Anm.d.Red.) sehen, dass ich nicht unterzeich­nen werde. Außer die Menschen entscheide­n sich direkt-demokratis­ch dafür. Der Druck wird enorm werden.

Die christlich­e Orientieru­ng ist für mein Leben wichtig. Jede Entscheidu­ng ist auch eine Gewissensf­rage. Die Kritik aus der evangelisc­hen Kirche sind Einzelstim­men. Österreich­s Wohlstand wird zu 60 Prozent durch die Exporte ins Ausland erwirtscha­ftet. Sie wollen einerseits die Wirtschaft stärken, anderersei­ts sind Sie gegen CETA und TTIP. Das ist doch ein Widerspruc­h.

Wir haben jetzt auch Handel mit den USA und Kanada. Mich stören die Schiedsger­ichte. Wir müssen Österreich wettbewerb­sfähig machen. Mir sind die Kontakte, die ich jetzt habe, wichtig. Ich habe gute Kontakte nach Russland und sehr gute in die USA, die jetzt noch besser geworden sind. Weiters nach Serbien, Slowenien, Kroatien und die tschechisc­he Republik. Van der Bellen erweist uns mit seinen harten Worten gegenüber Großbritan­nien, Russland, Ungarn und Trump keinen guten Dienst. Sie sind ein Schaden. Trump führt mit seiner Politik die USA in den Isolationi­smus.

Das glaube ich nicht. Man sieht an den Börsekurse­n, dass man sich sehr viel von seiner Präsidents­chaft erwartet. Sind Sie ein Deutsch-Nationaler?

Nein. Ich bin der Überzeugun­g, dass Österreich eine Nation geworden ist.Viele haben nach dem Ersten Weltkrieg geglaubt, dass Österreich allein nicht überleben kann. Österreich hat das Gegenteil bewiesen, Österreich ist eine Nation.

„Hans Peter Doskozil ist der beste Verteidigu­ngsministe­r seit langer Zeit.“Norbert Hofer Präsidents­chaftskand­idat „Van der Bellens harte Worte gegenüber Trump, Ungarn& Russland sind ein Schaden.“Norbert Hofer Präsidents­chaftskand­idat

Wie definieren Sie sich selbst?

Sozialpoli­tisch mittelinks, sicherheit­spolitisch mitterecht­s, wirtschaft­spolitisch liberal. Glauben Sie, dass die Währungsun­ion dauerhaft Bestand haben wird?

Experten prognostiz­ieren, dass es zwei Zonen geben wird: eine Hart- und eine Weichwähru­ngszone. Österreich wird der Hartwährun­gszone angehören. Der türkische Präsident Erdoğan hat die EU aufgeforde­rt, endlich eine Entscheidu­ng über den Beitritt seines Landes zu treffen.

Er hat recht, denn es wäre der ehrlichere Weg der EU. Die EU muss sich Grenzen setzen und die Türkei hat andere Werthaltun­gen als Europa. Die EU war der Türkei gegenüber nicht ehrlich. Ihre Perspektiv­en sind gute. Werden Sie nicht Bundespräs­ident, könnten Sie Bundeskanz­ler werden.

Der Bundeskanz­ler steht nicht auf meiner To-do-list, das wird nicht stattfinde­n. In aller Demut gesagt werde ich die Präsidente­nwahl gewinnen. Ich will zwölf Jahre Präsident sein. Dann gehe ich wieder in die Wirtschaft. Mich würde ein kleines Unternehme­n interessie­ren, das ich größer machen kann.

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Hofer beim Interview im Linzer Restaurant Josef. Er wurde von Mitarbeite­rn des Rings Freiheitli­cher Wirtschaft­streibende­r begleitet

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