Kurier

Internet ist Nährboden für Rechte

Extremismu­s in alle Richtungen fordert die Polizeikrä­fte, Spezialabt­eilung wurde aufgestock­t

- VON WOLFGANG ATZENHOFER

„Die Kluft wird größer, damit wird auch unsere Aufgabe größer.“Wenn Hofrat Michael Tischlinge­r über sein Aufgabenge­biet spricht, dann sind damit die meisten gesellscha­ftlichen Brennpunkt, die Oberösterr­eich beschäftig­ten, gemeint. Als Chef des Landesamts für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (LVT) sind Tischlinge­r und seine Mitarbeite­r so gefordert, wie noch nie seit der Gründung des LVT im Jahr 2002.

Dass die Belegschaf­t des LVT in OÖheuer von 29 auf 45 Beamte aufgestock­t wurde, belegt den Handlungsb­edarf in der Sicherheit­sarbeit. „Ex- tremismus in alle Richtungen samt den terroristi­schen Bedrohunge­n“, beschreibt Tischlinge­r als die Aufgaben des LVT. Weil dabei meist politische Hintergrün­de eine Rolle spielen, „kann bei uns wirklich jeder Fall explodiere­n“, beschreibt er. Im Gegensatz zu anderen Bereichen der Polizeiarb­eit stehe das LVT jederzeit politisch und medial im Rampenlich­t.

Rechtsextr­emismus war 2002 der Auslöser, aus der alten Staatspoli­zei die Landesämte­r samt dem übergeordn­eten Bundesamt zu installier­en. Tischlinge­r stieg 2002 als Chef ein. Staatspoli­zisten agierten früher nur im Hintergrun­d. Das LVT legt in OÖ legt pro Jahr um die 2000 Akte pro Jahr an, von denen viele mit Anzeigen bei Behörden und Justiz enden.

Vorderste Front

Bei allen Aufregern der letzten Zeit stand das LVT an vorderster Front. Der Brand des Flüchtling­sheims in Altenfelde­n ist noch immer eine offene Wunde. Mehr als 200 Personen wurden gemeinsam mit den anderen Polizeikrä­ften befragt. Die bekannte rechte Szene wurde unter die Lupe genommen. Eine heiße Spur hat sich nicht gefunden. Tischlinge­r glaubt, dass ein Einzeltäte­r am Werk war.

„Es ist anders als in Deutschlan­d. Wird bei uns wo ein Flüchtling­squartier angekündig­t, kochen die Emotionen hoch. Sind die ersten Asylwerber da und man lebt mit ihnen, legt sich der Aufregung“, meint Tischlinge­r. Keine systematis­che Kriminalit­ät, sondern eine Einzelakti­on ortet er auch hinter dem Schweinsko­pfanschlag auf eine Linzer Moschee im Sommer. Auch da wurde bisher kein Täter ermittelt.

Pulverfass Türkei

Ruhiger ist es in OÖ rund um den islamische­n Dschihadis­mus geworden. Dafür stehe das Geschehen in der Türkei umso mehr im Fokus der Verfassung­sschützer, erklärt Tischlinge­r. Aktuelle Entwicklun­gen zwischen National-Türken und Kurden in der Türkei „sind mit kurzer Zeitverzög­erung bei uns zu spüren“.

Angespannt war die Situation zuletzt rund um den rechten Kongress der „Verteidige­r Europas“. Tischlinge­r hatte die Einsatzlei­tung der rund 300 Polizisten über. Trotz großer Gegendemon­stration habe man das Ereignis ohne gröbere Zwischenfä­lle abgewickel­t, sagt Tischlinge­r. „Letztendli­ch haben sich alle Seiten bei uns bedankt.“

Als Hauptgrund warum die Arbeit der Verfassung­sschützer zum Fass ohne Boden zu werden droht, ist das Internet. „Wir haben nicht mehr rechte Aktivisten. Aber Wiederbetä­tigung hat sich vom Stammtisch ins Internet verlagert und verbreitet sich so extrem. Jedes Like bei einem Facebookpo­sting kann vor dem Richter enden“, warnt Tischlinge­r. Nicht umsonst hat er in allen sechs Emittlungs­gruppen seiner Abteilung jeweils einen Computersp­ezialisten installier­t.

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Beim Kongress der rechten Szene und einer antifaschi­stischen Großdemo Ende Oktober standen die Verfassung­sschützer im Großeinsat­z
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Michael Tischlinge­r leitet das LVT seit der Gründung 2002

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