Herzerfrischend spontan mit Laterne
Wenn das Kind bei „Rabimmel, rabammel, rabumm“in der Nase bohrt, werden die stolzen Eltern schnell nervös. Die Wachsflecken auf der neuen Winterjacke sind so was von wurscht, denn: Die Laternen wurden eifrig geschwungen, das Martinslied laut mitgeträllert, das Xylophon euphorisch beklopft und später Kinderpunsch und Kekse in gesundheitsgefährdender Dosis konsumiert. So soll es sein. Das Martins- bzw. Laternenfest in unserem Kindergarten war bedacht geplant und vorbereitet, liebevoll durchgeführt und somit ein Erfolg für alle Beteiligten.
Am lustigsten bei Events dieser Art sind ja immer die anwesenden Eltern und sonstigen Verwandten. Bewaffnet mit Foto-, Video-, und/oder Handykamera ist jeder auf der Suche nach dem besten Platz, um den Auftritt des einzig wahren, schönsten, entzückendsten Kindes festzuhalten. Ellbogen werden dabei dezent, aber doch spürbar eingesetzt, das Sitzenbleiben in der Kirche ist plötzlich eine unnötige Lästigkeit, wenn es um einen guten Schnappschuss geht.
Blöd, wenn das entzückendste aller Kinder in der ersten Reihe gut sichtbar in der Nase bohrt oder ein klein wenig Unfug mit dem Sitznachbarn macht. Die elterliche Nervosität ist dann schnell an allen Ecken und Enden spürbar. Dabei sind sie vor dem Fest ja noch überall leise, aber doch hörbar präsent – die geflüsterten Ratschläge ins kindliche Ohr: „Brav sein und g’scheit mitsingen, Schatzi!“oder: „Sitzen bleiben, leise sein und die Haube auflassen!“Auch gut: „Dass du ja nicht aufs Klo musst. Geh lieber noch vorher!“
Warum haben wir Erwachsene so oft Panik, dass unsere Kinder uns blamieren? Weil wir meinen, dass man vom kindlichen auf unser Verhalten schließen könnte? Weil nur unauffällige Kinder gesellschaftlich akzeptiert sind? Weil jemand denken könnte, wir hätten die Situation „nicht im Griff?“Selbst wenn es so sein sollte: Freundlich lächeln und drüberstehen. Mal ehrlich: Das Leben mit Kindern ist komplett unberechenbar, das meiste, was sie tun, ist herzerfrischend spontan und ohne böse Absicht. Also lassen wir sie doch so sein. Und Nasenbohren in der ersten Reihe tut echt niemandem weh.
claudia.proell@kurier.at