Warten auf Daria.
Wie das Leben mit Hund die Automatismen des Menschen verändert
Neulich trug ich zu viele gut gefüllte Teller und Schüsseln gleichzeitig von der Küche zum Esstisch. Mitten drin – ein kleiner Stolperer. Der erinnerte mich wieder einmal an den alten Besserwisser-Spruch: „Wenn du in Eile bist, lass dir Zeit!“
Denn Teile des Transportguts landeten noch vor Erreichen des Zielorts auf dem Fußboden. Darunter etwas Fischsalat, den eine bewegungshungrige Gabel katapultartig durch die Luft geschleudert hatte.
Interessanterweise dachte ich beim Anblick der fliegenden Gabel nur über den Spruch nach, nicht jedoch über das Naheliegende, nämlich ein Putztuch zu holen.
Als mir dieser Umstand bewusst wurde, spürte ich wieder einmal deutlich, wie mich das Leben mit Daria verändert hat. Früher wäre ich losgefetzt, um das Putzzubehör parat zu haben, ehe der fliegende Fischsalat das heilige Parkett erreicht hat.
Heute ist mein Automatismus ein anderer: Ich ignoriere das Ereignis und gehe weiter, als wäre nichts geschehen. Wieso? Weil ich, wie selbstverständlich, warte, was Daria übrig lässt, ehe ich den Boden wische.
Denn dieser mein Hund, der so berechenbar ist, wenn es um die Verfügbarkeit von – auch nur halbwegs – Essbarem geht, soll auch seine kleinen, verstohlenen Freuden im Leben haben: die Erfolgserlebnisse, etwas abgestaubt zu haben, das nicht für ihn bestimmt war – jeder kennt das.
Doch diesmal war etwas anders als sonst. Daria kam nicht. Eine besorgniserregende Erkenntnis. Denn Daria hat neben den handelsüblichen fünf Sinnen einen Sechsten eingebaut – den für das Aufspüren bodennaher Lebensmitteln.
Auch drei Zimmer weiter hört, spürt und riecht sie, dass beim Backen ein paar Bröseln runterfallen, dass ein (für Sekunden) unbeaufsichtigtes Speckbrot auf dem Couchtisch liegt, dass der volle Einkaufskorb auf dem Küchenboden steht.
Wo also blieb sie? Selbst mein Gurkencarpaccio hätte sie zumindest einer wohlwollenden Prüfung unterzogen. Und Fisch startet üblicherweise den Turbo in ihr. Irgendetwas stimmte nicht. Da fiel mir ein, dass Mann und Hund sich gerade auf Abendrunde begeben hatten. – Schweren Herzens putzte ich ohne Darias Unterstützung den Boden und schwor mir, nur noch dann zu patzen, wenn sie zu Hause ist. birgit.braunrath@kurier.at BeagleDaria