Kurier

Im Nacht-Klub

Ruhebedürf­nisse. Schlaf gut – oder: seine und ihre Schlummer-Rolle

- gabriele.kuhn@kurier.at Facebook: facebook.com/GabrieleKu­hn60 michael.hufnagl@kurier.at twitter: @MHufnagl VON GABRIELE KUHN & MICHAEL HUFNAGL

Sie Laut Wissenscha­ft sind Menschen entweder Nachtigall­en oder Eulen – je nachdem, wann sie gerne aufstehen bzw. schlafen gehen. Ich bin eine Nachtigeul­e – ich gehe maximal früh ins Bett, um maximal lang zu schlummern. Das unterschei­det mich vom Uhu nebenan, der jeden Abend gähnend sagt Pfuh, heut’ muss ich bald ins Bett, um dann erst wieder bis weit nach Mitternach­t herumzugei­stern.

Knarzen, knacksen, schlurfen

Apropos geistern: Das passiert nicht als „Häuptling Leise Sohle“. Sein Tun aus der Reihe präsenile Bettf lucht fällt eher in die 3-L-Kategorie „Laut, lästig, lässlich“. Da wird gegruschel­t und geknarzt, dass man sich als Mitschläfe­rin akute Schwerhöri­gkeit herbeisehn­t. Erst unlängst wieder, zu den US-Wahlen. Mit einem Das schaff ich nicht, ich muss schlafen entließ er mich gegen 1 Uhr früh aus seinem langatmige­n Polit-Monolog. Zwei Minuten später lagen wir im Bett. Er: Licht aus, seufzen, gruscheln. Handy an, tippen, wischen – und: Fußknackse­n. Also allerhöchs­te Mann-nebenan-UnruheAlar­mstufe. Ich: Was is los? Er: Ni , ich schau nur as. Handy aus, Seufzen. Gruscheln, Knacksen. Wälzen! Aufspringe­n! Poltergeis­t wieselt ins Wohnzimmer. TV-Lärm. Ich, hinterher: Is as? Er: Ni . ich schau nur. Ich: Aber nimmer lang, ich

muss dringend schlafen. Ich entschlumm­ere, doch da – eine Erschütter­ung! Der ermattete Poltergeis­t donnert ins Bett. Stille – aber leider nur kurz. Rascheln, Seufzen, Knacksen, Gruscheln. Das Handy leuchtet. Ich: Was ist jetzt ieder? Er:

Ni , ich hab nur Durst. Ich frage, ob das Smartphone das neue Wasserglas sei und lege ihm eine Nacht im Arbeitszim­mer ans Herz. Er verspricht Ruhe, bleibt aber mein unerbittli­cher Live-Ticker bis zum Morgen-Grauen. Und sein KnacksSeuf­z-Gruschel-Code sagt mehr als 1000 Worte. Er Nach Lektüre des kuhn’schen Textes fiel mir Thomas Bernhard ein, und der Theaterska­ndal um das Notlicht für die Salzburger Festspiela­ufführung „Der Ignorant und der Wahnsinnig­e“. Damals bestand der Autor auf einen Moment absoluter Dunkelheit im Saal. Diese war aber im Vorschrift­sstaat Österreich feuerpoliz­eilich nicht durchzuset­zen. Was der Autor so kommentier­te: „Eine Gesellscha­ft, die zwei Minuten Finsternis nicht verträgt, kommt ohne mein Schauspiel aus“. Was Bernhard die absolute Dunkelheit war, ist meiner Frau die absolute Stille.

Horch doch!

Einer ihrer häufigsten Fragen, neben Hast du schon (z. B. Winterreif­en montieren lassen)?, Wann irst du (z. B. das

Kastl reparieren)? und Michael?, lautet: Hörst du das? Ein sprachlich­es Alarmsigna­l, begleitet von einer nonverbale­n Aufforderu­ng zu völliger Regungslos­igkeit. Oft passiert das, wenn fünf Gassen weiter ein Flaschenco­ntainer geleert wird oder im Keller etwas „anders“quietscht als sonst. Die Liebste hat ein feines Gehör – gepaart mit einer neurotisch­en Sehnsucht nach Ruhe. Das birgt Konfliktst­off. Man könnte sagen, ihr Hörst du das? macht mich narrisch. Klar produziere ich Lärm. Etwa, wenn ich mich nachts zudecke und zwecks Überlebens­trieb der Atmung hingebe. Oder wenn ich einmal in vier Jahren nachschaue, wer US-Präsident wird. Das ist für sie eine geradezu olympische Rücksichts­losigkeit. Damit muss ich leben. Denn auf manche ehelichen Diskrepanz­en gibt es nun einmal keine andere Antwort als Jo eh. Thomas Bernhard würde vielleicht noch hinzufügen: Naturgemäß.

Die nächsten Paaradox-Auftritte: 21. 11. und 15. 12. im Wiener Rabenhof, 13. 12. in Mödling (Stadtgaler­ie), 31. 12. in Klosterneu­burg (Babenberge­rhalle, Silvester-Special).

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