Indiens Geldumtausch schaffte riesiges Chaos und bringt Geschäfte zum Erliegen
Nur umgerechnet 137 Euro dürfen Inder pro Tag von ihrem Konto abheben.
Mittwoch vor einer Woche hat die indische Regierung in einer Nacht-und-NebelAktion Banknoten im Wert von mehr als 100 Rupien, das sind 1,37 Euro, für ungültig erklärt. Neue Scheine im Wert von 500 und 2000 Rupien werden nur unter der Voraussetzung ausgegeben, dass das alte Geld zuvor auf ein Konto eingezahlt wurde.
Das Chaos ist somit perfekt. Denn vor den Banken bilden sich lange Schlangen und in den Banken sind die Mitarbeiter überfordert. Immer wieder brechen heftige Streitereien aus. Sicherheitsbeamte greifen dann entnervt zu ihren Schlagstöcken. Unschöne Bilder allerorten.
Ein Land steht still
Die steigende Verzweiflung der Bevölkerung auf der Suche nach Bargeld wird an jeder Ecke sichtbar. Straßenstände und Märkte, sonst um die Mittagszeit umschwärmt, bleiben leer. Online bezahlbare Lieferdienste für den täglichen Einkauf haben mittlerweile Wartezeiten von mehren Tagen, berichten die Zeitungen. Die meisten Bankomaten sind leer. Das Nachfüllen dauert, da die neuen Scheine oft nicht lieferbar sind. Geschäften, die Kreditkarten annehmen, gehen die Waren aus.
Der indische Ministerpräsident Narendra Modi wollte mit seiner umstrittenen Aktion der Korruption den Kampf ansagen und sein Volk dazu zwingen, sein Bargeld durch das Bankensystem zu schleusen – und möglichst viel davon in Zukunft digitalisiert zu lassen. Das Problem ist nur, dass die Banken von diesen hochfliegenden Plänen überrascht wur- den und vollkommen überfordert sind. Denn viele Inder müssen erst ein Konto eröffnen, auf das sie dann ihr Bargeld einzahlen können.
Die indische Wirtschaftsprofessorin und Gegnerin der Reform, Jayati Ghosh, bezeichnet diese als „wirtschaftspolitische Blendgranate, die nichts bringt“. Sie kritisiert, dass insbesondere die armen Bevölkerungsschichten leiden. Rund die Hälfte der Inder hat kein Konto und die Mehrheit der Landbevölkerung nicht einmal eine Bankfiliale in ihrer Nähe. „Dieser Schock über Nacht“, schreibt sie in einem Gastbeitrag für die Zeitung The Hindu, „ist enorm destabilisierend und wird einem sehr großen Teil der Bevölkerung materiellen Schaden zufügen.“