„Versuchsstation“für Industrie 4.0
Neben dem ersten Digitalisierungs-„Labor“in Wien sollen 2017 zwei weitere aufgebaut werden
Roboter am Fließband sucht man in der ersten österreichischen Pilotfabrik für die digitale Revolution (Stichwort Industrie 4.0) in Wien Aspern vergeblich. Stattdessen werden in einer Art Versuchslabor in Zusammenarbeit von Wissenschaft und Unternehmen unter anderem neue Produkte, neue Produktionsabläufe und neue Formen der Kommunikation Mensch – Maschine entwickelt und getestet. So überwachen etwa Sensoren den Produktionsablauf und melden Materialfehler bzw. den nötigen Austausch eines Werkzeugs ans System. Dieses stoppt entweder die Produktion, schlägt einen Wartungszeitpunkt vor oder bestellt die benötigten Ersatzteile.
Zwei neue Pilotfabriken
Die erste 4.0-Übungsfabrik soll bald Geschwister bekommen. Das Technologieministerium startet derzeit die Ausschreibung von zwei weiteren Pilotfabriken, kündigte Minister Jörg Leichtfried bei einem Lokalaugenschein in Aspern am Mittwoch an. Ein Schwerpunkt ist die Erforschung neuer Ansätze in der Verfahrenstechnik, etwa für die Stahlindustrie. Eine weitere „Testfabrik“soll sich mit der Produktion von Kleinserien zu Kosten von Fließband- Produktionen beschäftigen. Etwa mithilfe von 3-D-Druckern, die bereits in der Asperner Pilotfabrik entwickelt werden.
Insgesamt fördert das Technologieministerium Forschung und Entwicklung im Bereich Industrie 4.0 mit insgesamt 185 Millionen Euro jährlich. Für die Pilotfabriken etwa übernimmt der Staat die Hälfte der Kosten bis zur Höhe von zwei Millionen Euro für drei Jahre. Ein Schwerpunkt der Förderung ist auch die Finanzierung von Stiftungsprofessuren, die gemeinsam mit der Wirtschaft unter anderem neue Produktionstechnologien erforschen und entwickeln.
Chance für Europa
Industriellen-Präsident Georg Kapsch sieht in der Digitalisierung eine neue Chance für die europäische Industrie. Da die Vernetzung und neue Produktionsverfahren die kostengünstigere Produktion von Klein- und Kleinstserien ermöglichen, gewinne Europa gegenüber Niedriglohnländern Wettbewerbsfähigkeit zurück. Kapsch: „Dadurch können Produktionen wieder nach Europa zurückgeholt werden.“Für Kleinund Mittelbetriebe wiederum sei Industrie 4.0 eine Chance, sich als Zulieferer in den globalen Wertschöpfungsketten zu behaupten.
Wie Leichtfried und AKPräsident Rudi Kaske ist Kapsch überzeugt, dass die Digitalisierung enorme Veränderungen für die Arbeitnehmer bringt. Arbeitszeit und Freizeit gingen „immer mehr ineinander über“, es werde mehr höher qualifizierte Jobs geben, für niedrig qualifizierte Arbeitskräfte würden die Chance auf einen Arbeitsplatz sinken.
Kaske fordert daher einen massiven Ausbau der Weiterbildung, unter anderem müs- se ein Rechtsanspruch auf eine bezahlte Bildungswoche pro Jahr eingeführt werden. Denn laut einer Studie der OECD (Organisation für Entwicklung und Zusammenarbeit) gebe es in Österreich 900.000 Personen zwischen 15 und 65 mit ungenügenden Computer-Kenntnissen.
Die mobile BreitbandKommunikation für die Digitalisierung will Leichtfried mit einer Strategie für die nächste Mobilfunkgeneration G5 sichern.