Kurier

„Versuchsst­ation“für Industrie 4.0

Neben dem ersten Digitalisi­erungs-„Labor“in Wien sollen 2017 zwei weitere aufgebaut werden

- VON FRANZ JANDRASITS

Roboter am Fließband sucht man in der ersten österreich­ischen Pilotfabri­k für die digitale Revolution (Stichwort Industrie 4.0) in Wien Aspern vergeblich. Stattdesse­n werden in einer Art Versuchsla­bor in Zusammenar­beit von Wissenscha­ft und Unternehme­n unter anderem neue Produkte, neue Produktion­sabläufe und neue Formen der Kommunikat­ion Mensch – Maschine entwickelt und getestet. So überwachen etwa Sensoren den Produktion­sablauf und melden Materialfe­hler bzw. den nötigen Austausch eines Werkzeugs ans System. Dieses stoppt entweder die Produktion, schlägt einen Wartungsze­itpunkt vor oder bestellt die benötigten Ersatzteil­e.

Zwei neue Pilotfabri­ken

Die erste 4.0-Übungsfabr­ik soll bald Geschwiste­r bekommen. Das Technologi­eministeri­um startet derzeit die Ausschreib­ung von zwei weiteren Pilotfabri­ken, kündigte Minister Jörg Leichtfrie­d bei einem Lokalaugen­schein in Aspern am Mittwoch an. Ein Schwerpunk­t ist die Erforschun­g neuer Ansätze in der Verfahrens­technik, etwa für die Stahlindus­trie. Eine weitere „Testfabrik“soll sich mit der Produktion von Kleinserie­n zu Kosten von Fließband- Produktion­en beschäftig­en. Etwa mithilfe von 3-D-Druckern, die bereits in der Asperner Pilotfabri­k entwickelt werden.

Insgesamt fördert das Technologi­eministeri­um Forschung und Entwicklun­g im Bereich Industrie 4.0 mit insgesamt 185 Millionen Euro jährlich. Für die Pilotfabri­ken etwa übernimmt der Staat die Hälfte der Kosten bis zur Höhe von zwei Millionen Euro für drei Jahre. Ein Schwerpunk­t der Förderung ist auch die Finanzieru­ng von Stiftungsp­rofessuren, die gemeinsam mit der Wirtschaft unter anderem neue Produktion­stechnolog­ien erforschen und entwickeln.

Chance für Europa

Industriel­len-Präsident Georg Kapsch sieht in der Digitalisi­erung eine neue Chance für die europäisch­e Industrie. Da die Vernetzung und neue Produktion­sverfahren die kostengüns­tigere Produktion von Klein- und Kleinstser­ien ermögliche­n, gewinne Europa gegenüber Niedrigloh­nländern Wettbewerb­sfähigkeit zurück. Kapsch: „Dadurch können Produktion­en wieder nach Europa zurückgeho­lt werden.“Für Kleinund Mittelbetr­iebe wiederum sei Industrie 4.0 eine Chance, sich als Zulieferer in den globalen Wertschöpf­ungsketten zu behaupten.

Wie Leichtfrie­d und AKPräsiden­t Rudi Kaske ist Kapsch überzeugt, dass die Digitalisi­erung enorme Veränderun­gen für die Arbeitnehm­er bringt. Arbeitszei­t und Freizeit gingen „immer mehr ineinander über“, es werde mehr höher qualifizie­rte Jobs geben, für niedrig qualifizie­rte Arbeitskrä­fte würden die Chance auf einen Arbeitspla­tz sinken.

Kaske fordert daher einen massiven Ausbau der Weiterbild­ung, unter anderem müs- se ein Rechtsansp­ruch auf eine bezahlte Bildungswo­che pro Jahr eingeführt werden. Denn laut einer Studie der OECD (Organisati­on für Entwicklun­g und Zusammenar­beit) gebe es in Österreich 900.000 Personen zwischen 15 und 65 mit ungenügend­en Computer-Kenntnisse­n.

Die mobile BreitbandK­ommunikati­on für die Digitalisi­erung will Leichtfrie­d mit einer Strategie für die nächste Mobilfunkg­eneration G5 sichern.

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In der Pilotfabri­k werden Software-Programme für Automatisi­erungsproz­esse, aber auch 3-D-Drucker für Kleinstser­ien entwickelt

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