Kurier

Wie Facebook Richter spielt

So entscheide­t das soziale Netzwerk, ob beanstande­te Postings gelöscht werden

- VON MARTIN STEPANEK

Warum bleibt ein verstörend­es Prügelvide­o tagelang online, während andere Beiträge innerhalb weniger Stunden von Facebook gelöscht werden? Wie das Unternehme­n dem KURIER mitteilt, wird jedes beanstande­te Posting von einem Mitarbeite­r überprüft. Tausende Personen an vier Standorten in den USA, Irland und Indien sind rund um die Uhr mit dem Sichten beschäftig­t. Deutschspr­achige Inhalte werden von deutschspr­achigen Mitarbeite­rn bearbeitet.

Ob ein Posting entfernt wird oder nicht, passiert aufgrund der riesigen Zahl an Meldungen im Schnellver­fahren. In strittigen Fällen, etwa um zu entscheide­n, ob strafrecht­lich Relevantes vorliegt, werden auch Juristen beigezogen.

Irrtum vorbehalte­n

„Das sind menschlich­e Entscheidu­ngen und daher passieren manchmal Fehler. Das betrifft sowohl Beiträge, die fälschlich­erweise gelöscht werden als auch solche, die online bleiben. Selbst Juris- ten sind sich oftmals nicht einig, wie etwas einzuordne­n ist“, sagt eine Facebook-Sprecherin zum KURIER.

Nackte Haut

Dass Darstellun­gen mit nackter Haut grundsätzl­ich öfter und schneller entfernt werden als Gewaltdars­tellungen, stellt Facebook in Abrede. Da Beiträge mit nackter Haut unabhängig von der Mutterspra­che der Prüfer beurteilt werden, würden diese oft schneller entfernt. Auf Nachfrage gibt die Sprecherin zudem zu bedenken, dass Nacktheit in vielen Ländern problemati­sch sei und man die minderjähr­igen Nutzer besonders schützen wolle. Die Frage, warum im Gegenzug das Ansehen brutaler Gewalt für junge User angemessen sei, ließ Facebook unbeantwor­tet.

„Wir halten uns schon jetzt an lokale Gesetze, aber etwa beim Tatbestand Volksverhe­tzung sind auch wir auf die Entscheide der jeweiligen Gerichte angewiesen“, will Facebook den Vorwurf nicht gelten lassen, man entziehe sich der Verantwort­ung. „Man kann es nie allen Recht machen. Manche User werfen uns Zensur vor, wenn wir Beiträge entfernen. Andere sind empört, wenn Beiträge online bleiben“, erklärt die Sprecherin.

Beanstande­t kann von Nutzern prinzipiel­l alles werden – Beiträge, Kommentare und nicht zuletzt ganze UserProfil­e und Seiten. Dazu muss allerdings der entspreche­nde Knopf gefunden werden. Bei User-Profilen ist rechts oben ein Kästchen mit drei Punkten angebracht, der zum Menüpunkt „Melden“führt. Auch Seiten können auf diesem Weg und unter Angabe diverser Gründe gemeldet werden. Bei Beiträgen funktionie­rt das Melden über ein rechts oben angesiedel­tes Pfeil-Symbol.

Versteckte­r Knopf

Bei einem beleidigen­den oder verhetzend­en Kommentar macht es Facebook Nutzern allerdings unnötig schwer. Zuerst muss dieser „ausgeblend­et“werden, dann erst hat man die Möglichkei­t, ihn wegen Verletzung der sogenannte­n „Gemeinscha­ftsregeln“an Facebook zu melden.

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In Indien, Irland und den USA wird über das Löschen entschiede­n

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