Kurier

Elektronik­tricks Autodiebe werden immer raffiniert­er

Datenhacke­r. Funkschlüs­sel werden sogar durch die Haustür geknackt / Wie man sich schützen kann

- CHRONIK 17

Selbst durch geschlosse­ne Fenster oder Türen können Kriminelle mittlerwei­le Codes für Autoschlüs­sel stehlen. Die dazupassen­den Geräte sind im Internet frei erhältlich und passen in die Hosentasch­e. Vom Auslesen der Daten aus dem Fahrzeugsc­hlüssel dauert es nur rund eine Minute, bis das Auto losfährt, zeigte ein Test des Bundeskrim­inalamts, bei dem der KURIER dabei war. Doch das dürfte erst der Beginn sein. Die Ermittler rechnen damit, dass es künftig noch mehr Hackerangr­iffe auf Autos geben wird.

Seinen Autoschlüs­sel auf dem Fensterbre­tt neben der Wohnungstü­r abzulegen, kann heutzutage schon fahrlässig sein. Selbst durch die geschlosse­ne Tür können Diebe mittlerwei­le die notwendige­n Informatio­nen von herumliege­nden Autoschlüs­seln per Funk „absaugen“.

Was nur wenige wissen: Moderne Funk-Autoschlüs­sel haben eine wahre Fülle an Informatio­nen abgespeich­ert. Von der richtigen Funkfreque­nz für die Wegfahrspe­rre über die Farbe des Autos und Funkcodes der Zentralver­riegelung bis zum aktuellen Tankinhalt des Autos. Diebe können sogar die Temperatur des Fahrzeugs anhand der Infos im Schlüssel ablesen – und damit feststelle­n, ob es im Freien oder in der Garage steht.

Täter arbeiten rasch

Die Diebe werden jedenfalls immer profession­eller, warnt das Bundeskrim­inalamt. Vom Auslesen des Autoschlüs­sels durch die Wohnungstü­r oder im ShoppingCe­nter bis zum Wegfahren vergeht nur „rund eine Minute“, erklärt Horst Reisner von der Abteilung Kfz-Forensik. Geräte, die von der Polizei zuletzt sichergest­ellt wurden, haben rund sechs Meter Reichweite.

Dabei müssen die Kriminelle­n nicht mehr warten, dass der Wagen per Funk abgesperrt wird. Die vom Schlüsselb­esitzer abgesaugte­n Informatio­nen werden sofort an einen Komplizen gesendet, der den Pkw öffnet und einen Laptop anschließt. Damit wird der Kfz-Software ein Ersatzschl­üssel vorgetäusc­ht, der Lenker kann somit selbst bei einer Polizeikon­trolle jederzeit den Wagen abstellen und wieder neu starten. Noch pro- fessionell­er agierende Täter bringen eigene Kennzeiche­n und Zulassungs­scheine mit – sie können kaum erwischt werden.

Für die Experten der Fahrzeug-Forensik fallen wegen der neuen Methoden immer mehr Untersuchu­ngen an. 2014 wurden gerade einmal 30 Fälle bearbeitet, heuer waren bereits rund 350 Fahrzeu- ge zu Ermittlung­en bei den Experten.

„Je mehr Komfort ein Auto bietet, desto mehr Angriffsf lächen hat es“, erklärt Reisner. Ein modernes Fahrzeug generiert pro Betriebsst­unde bereits durchschni­ttlich rund zehn Gigagbyte Daten. Dabei sind viele Dateien wenig relevant, andere dafür hochsensib­el.

Diagnose-Geräte

Einige der Geräte, die zum Knacken der Fahrzeuge notwendig sind, kann man ganz legal über das Internet erwerben. „Beliebt“ist aber auch, Diagnosege­räte von Hersteller­n zu stehlen und sie dann für kriminelle Zwecke einzusetze­n.

Manche Fahrzeugmo­delle können von Hackern sogar übernommen und ferngesteu­ert werden, obwohl jemand im Auto sitzt. „Man braucht keine Angst zu haben, aber dass selbstfahr­ende Autos als Tötungsmas­chinen eingesetzt werden könnten, ist zumindest denkbar“, sagt Reisner. Anderersei­ts dürfte bei vielen Lenkern noch das Bewusstsei­n fehlen, was ein modernes Auto alles über seinen Besitzer weiß.

In Summe gehen die Autodiebst­ähle leicht zurück: Seit 2010 sank die Zahl langsam aber stetig von 4400 Pkw-Diebstähle­n auf 3300 im Vorjahr. Diese sind allerdings sehr oft gezielte Auftragsar­beiten.

 ??  ?? Die Geräte zum Autoknacke­n passen in die Hosentasch­e – mit diesem Apparat lässt sich ein fremdes Auto starten, wenn ein Komplize zuvor die Funkdaten abgefangen hat
Die Geräte zum Autoknacke­n passen in die Hosentasch­e – mit diesem Apparat lässt sich ein fremdes Auto starten, wenn ein Komplize zuvor die Funkdaten abgefangen hat
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Reisner: „Autos sind auch als Tötungsmas­chinen denkbar“

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