Elektroniktricks Autodiebe werden immer raffinierter
Datenhacker. Funkschlüssel werden sogar durch die Haustür geknackt / Wie man sich schützen kann
Selbst durch geschlossene Fenster oder Türen können Kriminelle mittlerweile Codes für Autoschlüssel stehlen. Die dazupassenden Geräte sind im Internet frei erhältlich und passen in die Hosentasche. Vom Auslesen der Daten aus dem Fahrzeugschlüssel dauert es nur rund eine Minute, bis das Auto losfährt, zeigte ein Test des Bundeskriminalamts, bei dem der KURIER dabei war. Doch das dürfte erst der Beginn sein. Die Ermittler rechnen damit, dass es künftig noch mehr Hackerangriffe auf Autos geben wird.
Seinen Autoschlüssel auf dem Fensterbrett neben der Wohnungstür abzulegen, kann heutzutage schon fahrlässig sein. Selbst durch die geschlossene Tür können Diebe mittlerweile die notwendigen Informationen von herumliegenden Autoschlüsseln per Funk „absaugen“.
Was nur wenige wissen: Moderne Funk-Autoschlüssel haben eine wahre Fülle an Informationen abgespeichert. Von der richtigen Funkfrequenz für die Wegfahrsperre über die Farbe des Autos und Funkcodes der Zentralverriegelung bis zum aktuellen Tankinhalt des Autos. Diebe können sogar die Temperatur des Fahrzeugs anhand der Infos im Schlüssel ablesen – und damit feststellen, ob es im Freien oder in der Garage steht.
Täter arbeiten rasch
Die Diebe werden jedenfalls immer professioneller, warnt das Bundeskriminalamt. Vom Auslesen des Autoschlüssels durch die Wohnungstür oder im ShoppingCenter bis zum Wegfahren vergeht nur „rund eine Minute“, erklärt Horst Reisner von der Abteilung Kfz-Forensik. Geräte, die von der Polizei zuletzt sichergestellt wurden, haben rund sechs Meter Reichweite.
Dabei müssen die Kriminellen nicht mehr warten, dass der Wagen per Funk abgesperrt wird. Die vom Schlüsselbesitzer abgesaugten Informationen werden sofort an einen Komplizen gesendet, der den Pkw öffnet und einen Laptop anschließt. Damit wird der Kfz-Software ein Ersatzschlüssel vorgetäuscht, der Lenker kann somit selbst bei einer Polizeikontrolle jederzeit den Wagen abstellen und wieder neu starten. Noch pro- fessioneller agierende Täter bringen eigene Kennzeichen und Zulassungsscheine mit – sie können kaum erwischt werden.
Für die Experten der Fahrzeug-Forensik fallen wegen der neuen Methoden immer mehr Untersuchungen an. 2014 wurden gerade einmal 30 Fälle bearbeitet, heuer waren bereits rund 350 Fahrzeu- ge zu Ermittlungen bei den Experten.
„Je mehr Komfort ein Auto bietet, desto mehr Angriffsf lächen hat es“, erklärt Reisner. Ein modernes Fahrzeug generiert pro Betriebsstunde bereits durchschnittlich rund zehn Gigagbyte Daten. Dabei sind viele Dateien wenig relevant, andere dafür hochsensibel.
Diagnose-Geräte
Einige der Geräte, die zum Knacken der Fahrzeuge notwendig sind, kann man ganz legal über das Internet erwerben. „Beliebt“ist aber auch, Diagnosegeräte von Herstellern zu stehlen und sie dann für kriminelle Zwecke einzusetzen.
Manche Fahrzeugmodelle können von Hackern sogar übernommen und ferngesteuert werden, obwohl jemand im Auto sitzt. „Man braucht keine Angst zu haben, aber dass selbstfahrende Autos als Tötungsmaschinen eingesetzt werden könnten, ist zumindest denkbar“, sagt Reisner. Andererseits dürfte bei vielen Lenkern noch das Bewusstsein fehlen, was ein modernes Auto alles über seinen Besitzer weiß.
In Summe gehen die Autodiebstähle leicht zurück: Seit 2010 sank die Zahl langsam aber stetig von 4400 Pkw-Diebstählen auf 3300 im Vorjahr. Diese sind allerdings sehr oft gezielte Auftragsarbeiten.