Boris Johnson – ein Fettnapf gefüllt mit Prosecco
Paradoxe Forderungen des britischen Außenministers – „intellektuell unmöglich“
Dass die hohe Schule der Diplomatie nicht das Ding Boris Johnsons ist, das war an sich schon klar, als er britischer Außenminister wurde. Wie er sich den Brexit so vorstellt, hat Johnson jetzt in einem Gespräch mit dem italienischen Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Carlo Calenda, praxisnah geschildert. Calenda beschrieb die Begegnung gegenüber Bloomberg so: „Er hat praktisch gesagt: ,Ich will keinen freien Personenverkehr, aber ich will den gemeinsamen freien Markt‘.“
Auf den Hinweis Calendas, dass das nicht gehe, habe Johnson gesagt: „Du wirst weniger Prosecco verkaufen.“Calenda darauf: „Okay, du wirst weniger Fish and Chips verkaufen; aber ich werde weniger Prosecco an ein Land verkaufen, und du wirst weniger an 27 Länder verkaufen.“Nachsatz Calenda: Debatten auf einem solchen Level seien ein wenig beleidigend. Dass der Brexit zunehmend zu einer intern-britischen Diskussion werde, sei nicht okay. London müsse die Karten auf den Tisch legen und verhandeln.
Hart ins Gericht mit Johnson ging auch Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem gegenüber der Johnson offeriere den Briten Optionen, die nicht vorhanden seien. Etwa wonach Großbritannien im EU-Binnenmarkt bleiben, zugleich aber aus der Zollunion austreten wolle. Dijsselbloem: „Er sagt Dinge, die intellektuell unmöglich, politisch unerreichbar sind.“
Das passt zu Berichten, die britische Führung habe keinen Plan, wie der Brexit vollzogen werden soll. Es passt aber auch in bekannte Schemata der Meinungsfindung Johnsons: Am 19. Februar 2016 verfasste er eine Alternativ-Version für eine Kolumne im Daily Telegraph, die die day Times unlängst ausfindig machte. Johnson sprach sich darin gegen den EU-Austritt aus und führte wirtschaftliche Folgen und das Risiko für Großbritanniens Einheit an. In der gedruckten Version argumentierte er gegenteilig. Nur zwei Tage später stieg Johnson in die Kampagne der Brexit-Befürworter ein.