Vergewaltigte Frau stach ihren Peiniger nieder
Stiefvater soll sie missbraucht haben. Zudringlichkeiten wurden ihr zu viel. 19-Jährige verurteilt.
Opfer und Täterin zugleich, in dieser Doppelrolle saß am Donnerstag im Wiener Landesgericht eine 19-Jährige auf der Anklagebank vor einem Schöffensenat.
Die junge Frau hatte ihren Stiefvater mit einem Messer attackiert. Sie sei in Rage geraten, weil sie der Mann vor Jahren missbraucht und vergewaltigt habe und nun obszöne Whatsapp-Nachrichten schickte. Seit zehn Jahren ist die Mutter der 19-Jährigen mit dem Mann liiert. Die beiden betreiben ein Kaffeehaus in Wien. Im Jahr 2009 soll der Stiefvater über das damals minderjährige Mädchen hergefallen sein. Noch im selben Jahr soll die Zwölfjährige dann vom Stiefvater auch vergewaltigt worden sein, was das Mädchen jedoch nie anzeigte.
Obszöne Nachrichten
Jahrelange vertraute sie sich niemandem – nicht einmal ihrer Mutter – an. Am Abend des 23. Juli schickte der Stief- vater plötzlich obszöne Nachrichten an das Handy der 19Jährigen. Stundenlang quälte er sie mit der Bitte, doch Fotos von ihren Brüsten zu schicken. Zeitgleich schickte er ein Foto von seinem Penis. Die Bilder wurden vom Gericht sichergestellt.
Die 19-Jährige konnte darauf hin die ganze Nacht nicht schlafen und beschloss am nächsten Tag, die Polizei zu informieren. Sie bat die Beamten in das Lokal des Stiefvaters, um ihn dort zur Andreas Hautz Richter Rede zu stellen. Diese Unterredung geriet allerdings außer Kontrolle. Die 19-Jährige griff zu einem Küchenmesser und stach in Richtung ihres Peinigers. Der Mann erlitt durch Abwehrbewegungen eine Durchstichverletzung der linken Hand sowie eine Stichwunde an der Oberlippe.
Da die junge Frau zunächst den Beamten sagte, dass sie ihn umbringen woll- te, wurde sie wegen versuchten Mordes drei Tage in Haft genommen. Nachdem die Polizei erfuhr, dass sie zuvor von dem Mann missbraucht worden sei, wurden strafrechtliche Ermittlungen auch gegen ihn aufgenommen.
Am Donnerstag entschlugen sich sowohl der Stiefvater, als auch die Mutter – sie ist weiterhin mit dem Mann liiert – vor Gericht der Aussage.
Die 19-Jährige, die mittlerweile eine Ausbildung zur Friseurin abgeschlossen hat, wurde wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung zu 15 Monaten bedingt verurteilt. Zudem muss sie drei Jahre lang Bewährungshilfe und eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen.
„Die Geschichte ist plausibel. Wenn Sie uns das vorgespielt haben, müssen Sie in Hollywood auftreten“
Hollywood
„Die Geschichte (mit dem Missbrauch, ist plausibel. Wenn Sie uns das vorgespielt haben, dann müssen Sie in Hollywood auftreten“, meinte Richter Andreas Hautz in seiner Urteilsbegründung. Die junge Frau sei durch den Missbrauch völlig aus ihrer „Mädchenwelt“herausgerissen worden. Dem Stiefvater wurde ein Schmerzensgeldbetrag von 500 Euro zugesprochen, er hatte 2500 Euro gefordert.