„Grundeinkommen wird notwendig“
Maschinen übernehmen unsere Arbeit. Maßnahmen sollen soziale Folgen der Digitalisierung abfedern
Maschinen, die miteinander kommunizieren, Werkstoffe analysieren und Bauteile selbst zusammensetzen. In der Fabrik der Zukunft wird der Mensch nicht mehr gebraucht. Selbst anspruchsvollere Tätigkeiten, wie die Qualitätskontrolle, werden von Robotern übernommen. „Intelligente Maschinen ersetzen zunehmend menschliche Arbeitskräfte“, sagt Martin Ford. Der US-Autor („Aufstieg der Roboter“) weilte auf Einladung des Verkehrsministeriums in Wien. Nicht nur in der Produktion, auch in höher qualifizierten Berufen würden Roboter Einzug halten, mahnte Ford. Routinehafte Tätigkeiten von Buchhaltern, Anwälten und Ärzten könnten schon bald von Maschinen und Computerprogrammen übernommen werden. Viele Berufe würden verschwinden. Zwar entstehen neue Berufsbilder, als Beispiele nannte Ford Datenanalysten oder Web-Designer, die Arbeitsplatzverluste könnten dadurch aber nicht wettgemacht werden.
„Selbst Leute mit einem Universitätsabschluss haben keine sichere Zukunft mehr“, warnte Ford. Maschinen seien zunehmend in der Lage zu lernen und selbst Entscheidungen zu treffen. Der Durchmarsch der Informationstechnologie beschränke sich auch nicht auf einige wenige Bereiche, sondern betreffe die gesamte Wirtschaft. Im Wahlsieg Donald Trumps und im Brexit-Votum in Großbritannien sieht Ford eine Gegenreaktion auf die Digitalisierung. „Davon wird es in Zukunft noch mehr geben.“
Grundeinkommen
Um die Verteilung des Wohlstands zu gewährleisten, müssten Arbeit und Einkommen voneinander entkop- pelt werden, forderte Ford. An einem garantierten Grundeinkommen werde langfristig kein Weg vorbeiführen. In vielen Ländern sei ein solches Modell wirtschaftlich derzeit noch nicht vertretbar, es sei aber wichtig, die gesellschaftliche Debatte darüber zu führen. „Daraus können praktische Lösungen entstehen, die es uns ermöglichen, dass alle etwas von den tollen Erfindungen der nächsten 20 Jahre haben.“
In Österreich sehe er derzeit nicht das Problem, dass Technik Arbeitsplätze vernichte. Vielmehr brauche es die Politik, damit technische Errungenschaften in Unternehmen rascher zum Einsatz kämen, um Firmen wettbewerbsfähiger zu machen, sagte AMS-Chef Herbert Buchinger: „Die Investitionen sind im Keller.“
Alles auf die Digitalisierung zu schieben sei zu einfach, warnte Ursula Holtgrewe vom deutschen Zentrum für Soziale Innovation. „Wir haben ökonomische, soziale und politische Unsicherheiten in Menge. Die sozialen Sicherungssysteme müssten f lexibler gestaltet werden. Warum sollten nur Studie- rende und Hochqualifizierte Stipendien bekommen fragte Holtgrewe, die sich dafür aussprach, „solche Freiräume, Dinge auszuprobieren“, auch Menschen mit einfachen Berufen zu öffnen.
Technik verteufeln
Wichtig sei die Frage, zu welchem Zeitpunkt eine Grundsicherung zum Einsatz komme, meinte Andreas Kugi, der an der TU Wien zu Automatisierungstechnik forscht: „Wenn man Maßnahmen zum falschen Zeitpunkt ergreift, werden sie genau das Gegenteil bewirken.“Kugi warnte auch davor, die Technik zu verteufeln. „Technik ist nicht grauslich.“Er fürchte sich nicht vor der Digitalisierung, sondern davor, dass junge Leute davon abgehalten würden, technische Berufe zu ergreifen. „Wenn wir wollen, dass neue Arbeitsplätze entstehen, werden wir Leute brauchen, die gut ausgebildet sind.“
Ein Grundeinkommen müsse ideologiefrei diskutiert werden, als „Technik-Dividende für alle“, forderte Markus Tomaschitz, Personalchef beim steirischen Technologieunternehmen AVL List. Er brachte ein grundlegendes Problem zur Sprache. Wenn man Österreicher frage, worauf sie an ihrem Land stolz seien, würden sie nicht technische Errungenschaften oder Leistungen anführen, sondern die Landschaft, sagte der Manager: „Das ist traurig.“