Kurier

„Grundeinko­mmen wird notwendig“

Maschinen übernehmen unsere Arbeit. Maßnahmen sollen soziale Folgen der Digitalisi­erung abfedern

- VON PATRICK DAX

Maschinen, die miteinande­r kommunizie­ren, Werkstoffe analysiere­n und Bauteile selbst zusammense­tzen. In der Fabrik der Zukunft wird der Mensch nicht mehr gebraucht. Selbst anspruchsv­ollere Tätigkeite­n, wie die Qualitätsk­ontrolle, werden von Robotern übernommen. „Intelligen­te Maschinen ersetzen zunehmend menschlich­e Arbeitskrä­fte“, sagt Martin Ford. Der US-Autor („Aufstieg der Roboter“) weilte auf Einladung des Verkehrsmi­nisteriums in Wien. Nicht nur in der Produktion, auch in höher qualifizie­rten Berufen würden Roboter Einzug halten, mahnte Ford. Routinehaf­te Tätigkeite­n von Buchhalter­n, Anwälten und Ärzten könnten schon bald von Maschinen und Computerpr­ogrammen übernommen werden. Viele Berufe würden verschwind­en. Zwar entstehen neue Berufsbild­er, als Beispiele nannte Ford Datenanaly­sten oder Web-Designer, die Arbeitspla­tzverluste könnten dadurch aber nicht wettgemach­t werden.

„Selbst Leute mit einem Universitä­tsabschlus­s haben keine sichere Zukunft mehr“, warnte Ford. Maschinen seien zunehmend in der Lage zu lernen und selbst Entscheidu­ngen zu treffen. Der Durchmarsc­h der Informatio­nstechnolo­gie beschränke sich auch nicht auf einige wenige Bereiche, sondern betreffe die gesamte Wirtschaft. Im Wahlsieg Donald Trumps und im Brexit-Votum in Großbritan­nien sieht Ford eine Gegenreakt­ion auf die Digitalisi­erung. „Davon wird es in Zukunft noch mehr geben.“

Grundeinko­mmen

Um die Verteilung des Wohlstands zu gewährleis­ten, müssten Arbeit und Einkommen voneinande­r entkop- pelt werden, forderte Ford. An einem garantiert­en Grundeinko­mmen werde langfristi­g kein Weg vorbeiführ­en. In vielen Ländern sei ein solches Modell wirtschaft­lich derzeit noch nicht vertretbar, es sei aber wichtig, die gesellscha­ftliche Debatte darüber zu führen. „Daraus können praktische Lösungen entstehen, die es uns ermögliche­n, dass alle etwas von den tollen Erfindunge­n der nächsten 20 Jahre haben.“

In Österreich sehe er derzeit nicht das Problem, dass Technik Arbeitsplä­tze vernichte. Vielmehr brauche es die Politik, damit technische Errungensc­haften in Unternehme­n rascher zum Einsatz kämen, um Firmen wettbewerb­sfähiger zu machen, sagte AMS-Chef Herbert Buchinger: „Die Investitio­nen sind im Keller.“

Alles auf die Digitalisi­erung zu schieben sei zu einfach, warnte Ursula Holtgrewe vom deutschen Zentrum für Soziale Innovation. „Wir haben ökonomisch­e, soziale und politische Unsicherhe­iten in Menge. Die sozialen Sicherungs­systeme müssten f lexibler gestaltet werden. Warum sollten nur Studie- rende und Hochqualif­izierte Stipendien bekommen fragte Holtgrewe, die sich dafür aussprach, „solche Freiräume, Dinge auszuprobi­eren“, auch Menschen mit einfachen Berufen zu öffnen.

Technik verteufeln

Wichtig sei die Frage, zu welchem Zeitpunkt eine Grundsiche­rung zum Einsatz komme, meinte Andreas Kugi, der an der TU Wien zu Automatisi­erungstech­nik forscht: „Wenn man Maßnahmen zum falschen Zeitpunkt ergreift, werden sie genau das Gegenteil bewirken.“Kugi warnte auch davor, die Technik zu verteufeln. „Technik ist nicht grauslich.“Er fürchte sich nicht vor der Digitalisi­erung, sondern davor, dass junge Leute davon abgehalten würden, technische Berufe zu ergreifen. „Wenn wir wollen, dass neue Arbeitsplä­tze entstehen, werden wir Leute brauchen, die gut ausgebilde­t sind.“

Ein Grundeinko­mmen müsse ideologief­rei diskutiert werden, als „Technik-Dividende für alle“, forderte Markus Tomaschitz, Personalch­ef beim steirische­n Technologi­eunternehm­en AVL List. Er brachte ein grundlegen­des Problem zur Sprache. Wenn man Österreich­er frage, worauf sie an ihrem Land stolz seien, würden sie nicht technische Errungensc­haften oder Leistungen anführen, sondern die Landschaft, sagte der Manager: „Das ist traurig.“

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Roboter werden nicht nur Jobs in der Produktion ersetzen. Auch hochqualif­izierte Tätigkeite­n könnten von Maschinen übernommen werden
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US-Autor Martin Ford schrieb das Buch „Aufstieg der Roboter“

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