Kurier

Depression­en, Panikattac­ken – wie ehemalige Disney-Stars an ihrem frühen Ruhm zerbrechen

Kommt Zeit, kommt Abtranspor­t. Aber so simpel ist das offensicht­lich nicht.

- VON GABRIELE KUHN & MICHAEL HUFNAGL

Im Sog des alltäglich­en Multitaski­ng-Irrsinns kann es bei mir schon einmal vorkommen, dass ich beim Gassigehen das Gackisacke­rl mit dem Handy verwechsle. Das Telefon landet im Mist, während ich mit dem Sackerl telefonier­en möchte. Dann schüttle ich den Kopf, rede kurz mit mir, dem Hund, dem Sackerl und dem Handy und versuche, es etwas langsamer anzugehen. Ich zähle bis 1000 und stelle mir aufgehende Sonnen vor, deren Licht ich atme.

Zeit ist relati

Was schwierig ist. Kaum habe ich Sonne im Bauch, sorgt mein Lieblingsm­ensch für deren Finsternis. Das kommt so: Als ich nach der Gackisacke­rl-Handy-Affäre die Wohnung betrete, stolpere ich zum 10. Mal über zwei Säcke mit Glasflasch­en, die der Mann nebenan im Entree geparkt hat. Nicht seit zwei Stunden oder zwei Tagen, sondern – genau – seit zwei Wochen. Genauso lange eröffne ich meine Tage mit ei

nem launigen Guten Morgen, die Glasf laschensac­kerlbewohn­er haben mir weinend erzählt, dass sie sich so sehr nach ihren Kumpels im Glasf laschencon­tainer sehnen, aber keiner kümmert sich um sie. Dann grinst der Glasflasch­enquäler und

sagt: Geh häkel wen andern. Ich hab dir gesagt, dass ich das

heute erledige. Zeit ist ja relativ – jeder empfindet anders. Daher vermute ich, dass Uhr-Mensch Hufi in der gleichen Zeitlos-Suppe schwimmt wie Pantoffelt­ierchen oder Fadenwürme­r. Der Physiker Julian Barbouer sagte: „Nicht Zeit ist das Maß von Ereignisse­n, sondern Ereignisse sind Maß der Zeit.“Vielleicht misst er seine Zeit in subjektiv empfundene­n Gemütlichk­eits-Glassacker­lentsorgun­gs-Einheiten, die Minuten zu Stunden und Tagen dehnt. Aber Hauptsache, das Essen steht in seiner subjektiv empfundene­n Ich-hab-Hunger

und-will-sofort-was-essen- Einheit pünktlich auf dem Tisch. Chronik eines Sonntags. 1. Ich habe den Papiermist (in den die Liebste gerne lieblos gefaltete Kartons reinstopft) entsorgt. Kein Kommentar. 2. Ich habe dem Feigenbaum ein Schutzvlie­s übergestül­pt, damit der Weichling den Winter packt. Kein Kommentar. 3. Ich habe profimäßig gedübelt und jene Bilder aufgehängt, die gnä Kuhn in einem Anfall Marke „Jedes Nest braucht hin und wieder Veränderun­g“ohne Absprache ausgesucht hat. Kein Kommentar. 4. Ich habe für Tochter &Tante Chauffeur gespielt, weil sie fährt halt nicht so gern bei Dunkelheit und Regen. Kein Kommentar. 5. Ich habe im Keller das tonnenschw­ere Zimmerfahr­rad, das meine Frau vor Jahren als Überlebens­notwendigk­eit angeschaff­t hat, ins letzte Eck verräumt (nachdem ich mich durch tausend Spinnweben gekämpft habe). Kein Kommentar. 6. Ich habe die zwei Säcke voller Flaschen nicht weggeräumt, obwohl sie mich schon ein Mal (in Zahlen: 1 Mal) darum gebeten hat. Kommentare ohne Ende. Credo eines Skandals: „Michael, siehst du das nicht? Wie lange sollen die noch hier im Weg herumstehe­n?“

Stolperfal­le

Nur zur Informatio­n: „Hier im Weg“ist selbstvers­tändlich am Rand eines sehr großes Stiegenhau­ses. Sollte aber nach Lektüre des Schandtext­es zu meiner Linken der Eindruck entstanden sein, ich hätte die Flaschen voller Tücke direkt in den Eingangstü­rbogen gestellt, um meiner Frau lustvoll beim Stolpern zuzusehen, so rufe ich: perfide Zuspitzung! Die Wahrheit lautet: Irgendwas bleibt immer unerledigt. Am Ende eines langen Tages bin das aber leider niemals ich. Unsere nächsten Paaradox-Auftritte: 21. 11. und 15. 12. im Wiener Rabenhof, 13. 12. in Mödling (Stadtgaler­ie), 31. 12. in Klosterneu­burg (Babenberge­rhalle, Silvester-Special).

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