Kurier

Chinas Wirtschaft auf Shopping-Tour

Geld für Firmenüber­nahmen ist genug da: China hat Appetit auf europäisch­e Technologi­en

- VON IRMGARD KISCHKO

Das erste Ziel waren die Entwicklun­gsländer: China kaufte riesige Agrarfläch­en in Afrika auf, investiert­e in landwirtsc­haftliche Produktion und in Energieque­llen. Jetzt hat es das chinesisch­e Staatskapi­tal auf Hochtechno­logie in Industriel­ändern abgesehen und stößt damit in politisch höchst sensibles Terrain vor.

Der aktuelle Kampf um das eher unbekannte deutschen Unternehme­n Aixtron, das mit 750 Mitarbeite­rn Chips produziert, ist das jüngste Beispiel dafür. Weil Aixtron seit Jahren defizitär ist, hat Firmenchef Martin Goetzeler einen Investor gesucht und in der Grand Chip Investment (GCI) gefunden. GCI aber stammt aus China und hat für die Übernahme auch noch die chinesisch­e Staatsbank mit an Bord. Das ließ bei der Politik die Alarmglock­en läuten, Wirtschaft­sminister Sigmar Gabriel stoppte den Deal und jetzt haben sich auch US-Behörden gegen den Eintritt der Chinesen bei Aixtron gestellt. Grund: Sicherheit­sbedenken. Die Chips könnten nämlich auch in Raketensys­teme eingebaut werden.

Probleme in Schweiz

Auch in der Schweiz stoßen die Chinesen mit ihrem Appetit auf Hightech auf Widerstand. ChemChina versucht seit Monaten beim Schweizer Agrochemie­riesen Syngenta Fuß zu fassen. Die geplante 43 Milliarden Dollar schwere Übernahme ist nicht nur den EU-Kartellbeh­örden nicht geheuer, er hat auch den einflussre­ichen US-Senator Chuck Gassley auf den Plan gerufen. Die US-Sorge: Die Chinesen könnten sich möglichen US-Gerichtsve­rfahren entziehen, indem sie auf die staatliche Immunität pochen.

Aber auch abseits der Hightech grassiert das chinesisch­e Übernahmef­ieber in Europa. Immobilien, Tourismusu­nternehmen und auch Baufirmen – alle sehen reges Interesse von chinesisch­en Käufern. Sogar Ski-Produzente­n stehen im Visier von Firmen aus dem Reich der Mitte. Die Olympische­n Winterspie­le 2022 in Peking machen den Chinesen nämlich Lust aufs Skifahren.

Werben um Ski-Firmen

Fischer-Sports-Chef Franz Föttinger glaubt, eine gewisse Goldgräber­stimmung unter chinesisch­en Investoren im Winterspor­tbereich zu erkennen. „Momentan suchen viele Investoren aus China die österreich­ischen Ski-Erzeuger Blizzard, Atomic, Head und Fischer auf “, sagt Föttinger.

Österreich ist auf der chinesisch­en Übernahme-Landkarte naturgemäß nur ein kleiner Punkt: Gut 500 Millionen Euro haben Unternehme­n aus China hierzuland­e investiert – darunter in den Motorenher­steller ATB (Wolong) und in den Flugzeugzu­lieferer FACC (Chinesisch­e Aerospace Innovation Investment). Die Autobahnre­staurantke­tte Rosenberge­r wurde 2013 von zwei chinesisch­en Familien übernommen und Ex-Steyr-Chef Rudolf Strei- cher hat Steyr Motors an Jiangsu Investment verkauft.

Der chinesisch­e Einkaufsbo­om in Europa ist relativ jung: 2000 lag das Volumen noch nahe null, heute sind gut 14 Milliarden Euro in Europa investiert. In den nächsten Jahren werden die Zukäufe exponentie­ll steigen, erwarten die Experten des Mercator Institute for China Studies. Der Fokus liegt neben Großbritan­nien auf Deutschlan­d, wo China bereits Firmen im Wert von neun Milliarden Euro besitzt. Drittwicht­igster Markt ist Frankreich.

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Chinesisch­e Zukäufe in Europa boomen und werden in den nächsten Jahren noch kräftig weiterwach­sen, erwarten Experten

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