Kurier

Mehr Strafanzei­gen gegen Asylwerber

Statistik des Innenminis­teriums weist bei mehreren Nationalit­äten eine Zunahme aus

- VON MICHAEL BERGER UND JULIA SCHRENK

Die Zahl der Strafanzei­gen gegen Asylwerber steigt rasant an. Wobei es über die Bundesländ­er verteilt deutliche regionale Unterschie­de gibt (siehe Grafik). Auch nach Nationalit­äten präsentier­t sich die Anzeigen-Statistik unterschie­dlich. Bekannt wurde dieses Ergebnis durch die Beantwortu­ng einer parlamenta­rische Anfrage des Abgeordnet­en Rupert Doppler (FPÖ) an Innenminis­ter Wolfgang Sobotka (ÖVP).

Problem-Nationen

Laut den Zahlen des Innenminis­teriums (dabei handelt es sich um Rohdaten, die noch keiner Qualitätsk­ontrolle un- terzogen wurden) kommen etwa Syrer weniger mit dem Gesetz in Konflikt, während Afghanen, Algerier, Marokkaner und Nigerianer die Liste der Strafanzei­gen gegen Asylwerber anführen.

Drei Beispiele aus Wien: Wurden im Vorjahr 730 Straftaten angezeigt, die von Afghanen begangen worden sein sollen, waren es heuer im Zeitraum von Jänner bis Ende August bereits 960 Fälle. Bei Asylwerber­n aus Algerien stiegen im identen Zeitraum die Strafanzei­gen von 1229 auf 1353 und bei Asylwerber­n aus Nigeria von 1168 auf 1280.

Allerdings ist in diesem Zeitraum auch die Zahl der Asylwerber in Wien stark ge- stiegen: Mit Ende August 2016 waren laut Fonds Soziales Wien in der Bundeshaup­tstadt 5618 Afghanen, 683 Nigerianer und 138 Algerier in der Grundverso­rgung. Zum Vergleich: Ende August 2015 waren es 2176 Afghanen, 443 Nigerianer und 64 Algerier.

Das Bundeskrim­inalamt (BK) warnte bereits Ende 2015. Ein Auszug aus dem aktuellen Sicherheit­sbericht bestätigte den jetzigen Trend: In absoluten Zahlen sind die durch Asylwerber verursacht­en Straftaten um 38,8 Prozent gestiegen.

Insgesamt begingen sogenannte „fremde Tatverdäch­tige“im Vorjahr in erster Linie Eigentumsd­elikte (42.010 Fälle), gefolgt von Delikten gegen Leib und Leben (23.951). Genau 9229 Asylwerber wurden wegen Suchtgift-Delikten tatverdäch­tig; Tendenz steigend.

Die Politik reagiert

Innenminis­ter Sobotka kündigte Änderungen in der österreich­ischen Rückführun­gspolitik an. Ministeriu­mssprecher Karl-Heinz Grundböck erklärt: „Wird eine im Asylverfah­ren befindlich­e Person nach dem Strafrecht verurteilt, kann das zum Ausschließ­ungsgrund des Asylverfah­rens bzw. zur Aberkennun­g des Asylstatus führen. Dazu muss bisher nach dem Strafproze­ss ein Verwaltung­sverfahren angestrebt werden. Dieses Verfahren soll in Zukunft in das Strafverfa­hren einf ließen. Der Verwaltung­saufwand wäre kleiner, die Rückführun­g schneller in die Wege zu leiten. Zurzeit wird mit dem Justizmini­sterium über das Thema diskutiert.“Pro Jahr führt die Republik 9000 Rückführun­gen durch, und 400 Aberkennun­gs-Verfahren des Asylstatus beschäftig­en die Behörden.

Kritik an Statistik

Kritik an den veröffentl­ichten Zahlen kommt von Christoph Riedl, Asylexpert­e in der Diakonie: „Nur weil die Strafanzei­gen steigen, heißt das nicht, dass die Asylwerber kriminelle­r wurden“, sagt Riedl. „Das ist eine Anzeigenun­d keine Pro-Kopf-Statistik.“Auch mehr Polizeiarb­eit führe zu mehr Anzeigen.

Laut Asylexpert­e Riedl man müsse sich anschauen, welche Delikte die Anzeigen betreffen. So werde ja auch jemand angezeigt, der mit gefälschte­n Dokumenten reist: „Aber Flüchtling­en aus Afghanista­n etwa bleibt oft nichts anderes übrig, als mit gefälschte­n Dokumenten zu reisen“, sagt Riedl. „Um die Zahlen richtig zu deuten, müsste man sich die Statistik bei den Verurteilu­ngen anschauen.“Die komplette Kriminalit­ätsstatist­ik dieses Jahres wird erst Anfang 2017 veröffentl­icht.

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