Mehr Strafanzeigen gegen Asylwerber
Statistik des Innenministeriums weist bei mehreren Nationalitäten eine Zunahme aus
Die Zahl der Strafanzeigen gegen Asylwerber steigt rasant an. Wobei es über die Bundesländer verteilt deutliche regionale Unterschiede gibt (siehe Grafik). Auch nach Nationalitäten präsentiert sich die Anzeigen-Statistik unterschiedlich. Bekannt wurde dieses Ergebnis durch die Beantwortung einer parlamentarische Anfrage des Abgeordneten Rupert Doppler (FPÖ) an Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP).
Problem-Nationen
Laut den Zahlen des Innenministeriums (dabei handelt es sich um Rohdaten, die noch keiner Qualitätskontrolle un- terzogen wurden) kommen etwa Syrer weniger mit dem Gesetz in Konflikt, während Afghanen, Algerier, Marokkaner und Nigerianer die Liste der Strafanzeigen gegen Asylwerber anführen.
Drei Beispiele aus Wien: Wurden im Vorjahr 730 Straftaten angezeigt, die von Afghanen begangen worden sein sollen, waren es heuer im Zeitraum von Jänner bis Ende August bereits 960 Fälle. Bei Asylwerbern aus Algerien stiegen im identen Zeitraum die Strafanzeigen von 1229 auf 1353 und bei Asylwerbern aus Nigeria von 1168 auf 1280.
Allerdings ist in diesem Zeitraum auch die Zahl der Asylwerber in Wien stark ge- stiegen: Mit Ende August 2016 waren laut Fonds Soziales Wien in der Bundeshauptstadt 5618 Afghanen, 683 Nigerianer und 138 Algerier in der Grundversorgung. Zum Vergleich: Ende August 2015 waren es 2176 Afghanen, 443 Nigerianer und 64 Algerier.
Das Bundeskriminalamt (BK) warnte bereits Ende 2015. Ein Auszug aus dem aktuellen Sicherheitsbericht bestätigte den jetzigen Trend: In absoluten Zahlen sind die durch Asylwerber verursachten Straftaten um 38,8 Prozent gestiegen.
Insgesamt begingen sogenannte „fremde Tatverdächtige“im Vorjahr in erster Linie Eigentumsdelikte (42.010 Fälle), gefolgt von Delikten gegen Leib und Leben (23.951). Genau 9229 Asylwerber wurden wegen Suchtgift-Delikten tatverdächtig; Tendenz steigend.
Die Politik reagiert
Innenminister Sobotka kündigte Änderungen in der österreichischen Rückführungspolitik an. Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck erklärt: „Wird eine im Asylverfahren befindliche Person nach dem Strafrecht verurteilt, kann das zum Ausschließungsgrund des Asylverfahrens bzw. zur Aberkennung des Asylstatus führen. Dazu muss bisher nach dem Strafprozess ein Verwaltungsverfahren angestrebt werden. Dieses Verfahren soll in Zukunft in das Strafverfahren einf ließen. Der Verwaltungsaufwand wäre kleiner, die Rückführung schneller in die Wege zu leiten. Zurzeit wird mit dem Justizministerium über das Thema diskutiert.“Pro Jahr führt die Republik 9000 Rückführungen durch, und 400 Aberkennungs-Verfahren des Asylstatus beschäftigen die Behörden.
Kritik an Statistik
Kritik an den veröffentlichten Zahlen kommt von Christoph Riedl, Asylexperte in der Diakonie: „Nur weil die Strafanzeigen steigen, heißt das nicht, dass die Asylwerber krimineller wurden“, sagt Riedl. „Das ist eine Anzeigenund keine Pro-Kopf-Statistik.“Auch mehr Polizeiarbeit führe zu mehr Anzeigen.
Laut Asylexperte Riedl man müsse sich anschauen, welche Delikte die Anzeigen betreffen. So werde ja auch jemand angezeigt, der mit gefälschten Dokumenten reist: „Aber Flüchtlingen aus Afghanistan etwa bleibt oft nichts anderes übrig, als mit gefälschten Dokumenten zu reisen“, sagt Riedl. „Um die Zahlen richtig zu deuten, müsste man sich die Statistik bei den Verurteilungen anschauen.“Die komplette Kriminalitätsstatistik dieses Jahres wird erst Anfang 2017 veröffentlicht.