Wie Städte Big Data nutzen
Cheryl Wiebe über Verkehrsanalyse und Energieverbrauch in der Smart City
„Die Smart City ist ein Organismus aus Daten“, sagt Cheryl Wiebe. Der KURIER hat mit der Datenanalystin vom US-Unternehmen Teradata darüber gesprochen, wie Städte Daten nutzen können, um Staus zu vermeiden, Ausfälle der Infrastruktur vorherzusagen und den Energieverbrauch zu optimieren. KURIER: Welchen Nutzen können Städte aus Big Data ziehen? Cheryl Wiebe: Das hängt von den Städten ab und welche Probleme sie haben. In den USA haben viele Hafenstädte mit Staus zu kämpfen, weil sie über wenig Fläche verfügen, aber ein hohes Verkehrsaufkommen bewältigen müssen. Um verstopften Straßen beizukommen, müssen sie über die Bewegungen der Autos Bescheid wissen. Sie werden also Bewegungsdaten von Fahrzeugen, Bürgern, aber auch Unfalldaten analysieren. Mithilfe historischer Daten können sie dann detailliert feststellen, wo es immer wieder zu Engpässen kommt und darauf auf bauend Investitionsentscheidungen treffen. Die US-Bürger sind sehr autoverrückt. Wie sieht es in Europa aus?
Wir lieben unsere großen Autos und wollen ihnen helfen, so schnell wie möglich voranzukommen. In Europa sind die Zugänge zur Smart City eher vom Ressourcenmanagement getragen. Die Infrastruktur muss zuverlässig funktionieren. Wir können mit Sensoren voraussagen, wann es zu Ausfällen kommen könnte und wo Wartungsarbeiten notwendig werden. Worin bestehen die Herausforderungen bei der Verarbeitung dieser Daten?
Die Smart City ist ein Organismus aus Daten. Nehmenwir an, Sie würden auf eine heiße Herdplatte greifen. Sie werden Ihre Hand zurückziehen. Das passiert in einer unmittelbaren Reaktion. In Analogie zu einer Stadt könnte man sagen, Ihre Finger sind die Sensoren, die etwa an den elektrischen Leitungen angebracht sind. Die Sensoren setzen Sofortmaßnahmen in Kraft. Das ist die erste von mehreren Ebenen. Was ist die zweite Ebene?
Sie werden Ihre Hand unter kaltes Wasser halten und etwas Salbe auf die Wunde geben. Das passiert am ersten Datensammelpunkt. Kleine Rechner setzen solche Prozesse in Bezug auf städtische Infrastruktur in Bewegung. Die dritte Ebene betrifft die strategische Planung. Dort fließen historische und aktuelle Daten aus verschiedenen Quellen zusammen. Etwa auch Wetterdaten. Wir versuchen dann Wege aufzuzeigen, wie langfristig vermieden werden kann, dass es zu Ausfällen in der Infrastruktur kommt. Ihr Unternehmen Teradata war auch an der Seestadt Aspern in Wien beteiligt.
Wir arbeiten sehr eng mit Siemens zusammen und haben sie bei der Datenanalyse beraten. Sie haben dynamische Preismodelle eingeführt, um den Energieverbrauch zu optimieren. Wäsche zu waschen kann für die Bewohner der Smart City Aspern billiger sein, wenn es in der Nacht geschieht, weil dann der Strom weniger kostet. Wie begegnen Sie Datenschutzbedenken?
Die Betreiber müssen sicherstellen, dass Daten anonymisiert und sicher verwahrt werden. Wenn Konsumenten einen Vorteil daraus ziehen und ihre Privatsphäre unangetastet bleibt, ist dies die beste Art damit umzugehen. Auch in den USA sind viele Leute wegen ihrer Privatsphäre besorgt. Welche Unterschiede sehen Sie zwischen den USA und Europa noch?
Amerika ist sehr vielfältig. Die Rolle der Regierung ist nicht so stark wie in Europa. Die Städte suchen die Unterstützung von Bürgern und kleinen Unternehmen. In Europa und Asien ist das meiner Wahrnehmung nach nicht so verbreitet.