Fein und aufregend musizierte Ohrwürmer
Kritik. Es war 1976, da begeisterte eine erst 13-jährige Geigerin erstmals bei einem Konzert bei den Festwochen Luzern. Jetzt feiert die von Herbert von Karajan sehr geförderte Anne-Sophie Mutter ihr 40-jähriges Bühnenjubiläum und behauptete ihren Status als Ausnahmegeigerin. Zu erfahren war dies wieder einmal im Wiener Musikverein bei Felix Mendelssohn Bartholdys einzigem Violinkonzert, dessen unwiderstehliche, sanfte und melancholische Melodien von ihr mit feinsten, kaum mehr hörbaren Piani und edelsten Tönen von größter Reinheit und betörender Schönheit gespielt wurden. Sie faszinierte aber auch mit ihrer phänomenalen Technik, wobei sie mit einigen unerwarteten Rubati überraschte, in den schnellen Passagen teilweise mörderische Tempi anschlug und speziell den Finalsatz mit vollem Risiko so zu einem Parforceritt werden ließ.
Den wunderbaren Orchestersatz breitete ihr das London Philharmonic Orchestra unter Robin Ticciati als farbigen Klanggrund aus. Zuvor erklang noch Robert Schumanns „Manfred Ouvertüre“mit leidenschaftlich musiziertem Hauptthema.
Neue Welt
In kunstvoller Synthese vereinigten sich bei Antonin Dvořàks letzter und populärster Symphonie „Aus der Neuen Welt“böhmische und amerikanische Quellen. Im Orchester erlebte man unter dem jeden Einsatz zeigenden 33-jährigen Maestro frische Vitalität und mitreißende Begeisterung. Die Vielzahl der melodiösen Einfälle und farblichen Details, die dynamischen Ausbrüchen, bei denen nur manchmal das Blech etwas zu dominant wirkte, wurden aufregend herausgearbeitet. Und als Höhepunkt erklang, herrlich interpretiert im zweiten Satz, der sehnsuchtsvolle Klagegesang des Englischhorns.