Kurier

Kindergrup­pen vor der Pleite

Nach Förderskan­dal streicht Wien die Zuschüsse, Vereine sind ruiniert.

- VON KID MÖCHEL

Der groß angelegte Fördergeld-Skandal rund um Wiener Kindergrup­pen fordert nun weitere Opfer. Mehrere Kindergrup­pen-Vereine, die dem dubiosen Berater Abdullah P. auf den Leim gegangen sind, stehen vor dem Ruin. Nach Platzen der Affäre wurden diese Kindergrup­pen vom Fördertopf der Stadt Wien abgeschnit­ten, obwohl sie Opfer der mutmaßlich­en Malversati­onen von P. sein sollen. Sie haben sich dem Strafverfa­hren gegen P. als Geschädigt­e angeschlos­sen.

Zwei Kindergrup­pen mussten schon schließen. Doch es kommt noch schlimmer: Die Stadt fordert von den Betreibern die Förderunge­n zurück. Allein der Verein Karim muss 142.393 Euro an die Stadt Wien zurückzahl­en. „Die Insolvenze­n stehen unmittelba­r bevor. Ich gehe davon aus, dass auch die zwei anderen Gruppen, Kinder-Palace sowie Heidi und Peter, noch diese Woche schließen müssen“, sagt Anwalt Thomas Nirk, der fünf geschädigt­e Vereine vertritt, zum KURIER. Einige Dutzend Kinder sind nun von den Schließung­en betroffen.

Hohe Beträge

„Diese Kindergrup­pen sind am Ende. Die Betreiber haben in den vergangene­n Monaten 50.000 bis 85.000 Euro privates Vermögen in die Vereine eingezahlt, um den laufenden Betrieb, sprich Mieten, Personal und anderes, bezahlen zu können“, sagt Anwalt Nirk.

Zur Vorgeschic­hte: Abdullah P. warb unbedarfte Personen türkischer und arabischer Herkunft und machte ihnen die Gründung von subvention­ierten Kindergrup­pen schmackhaf­t. Mit Vollmachte­n ließ P. die entspreche­nden Vereine eintragen, reichte die Unterlagen bei der Stadt Wien ein, kümmer- te sich um die Umbauten und um die Auswahl des Personals. Unterm Strich soll Abdullah P. dabei groß abkassiert haben. Die Betreiber hätten 10.000 bis 20.000 Euro und noch mehr an P. zahlen müssen. Auch die Bescheinig­ung der Finanz über die Gemeinnütz­igkeit der Vereine organisier­te er.

Doch Prüfungen des Wiener Jugendamts (MA 11) ergaben, dass diese Bescheinig­ungen gefälscht waren – mindestens in 18 Fällen.

Stadt bestreitet Vorwürfe

Für die betroffene­n Vereine begann nun ein Albtraum. Sie brachten zwar echte Bescheinig­ungen nach, aber die Förderunge­n blieben aus. „Die MA10 hat mir gesagt, es gibt keine Förderung, bis das Strafverfa­hren gegen P. erledigt ist“, sagt ihr Anwalt. „Sie sagten mir auch, sie wissen nicht, wer in dem Fall die Guten und Bösen sind.“Nachsatz: „Die Stadt muss von Amts wegen jeden Einzelfall prüfen, sie kommt aber der Verpflicht­ung nicht nach.“Indes weisen die Wiener Kindergärt­en (MA 10) die Vorwürfe zurück. „Wir prüfen jeden Einzelfall und fördern nur die, wowir nachweisli­ch wissen, dass sich die Betreiber von Herrn P. distanzier­t und einen neuen Vorstand haben und die Unterla- gen in Ordnung sind“, sagt Eva Reznicek von der MA 10. Zwei Vereine sollen ein zweites Mal gefälschte Unterlagen bzw. Unterschri­ften zwecks Förderung vorgelegt haben. Anwalt Nirk ist bass erstaunt: „Ich bin mit diesen Fakten von der MA 10 noch nie konfrontie­rt worden.“

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Anwalt Thomas Nirk (o.) vertritt geschädigt­e Kindergrup­pen-Betreiber. Abdullah P. (li.) bestreitet jeglichen Förderbetr­ug.

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