Kurier

„Die Grenzen sind klar abgesteckt“

Der Tiroler über das Formel-1-Finale der Mercedes-Piloten und seine enge Beziehung zu Rosberg

- VON FLORIAN PLAVEC

Gerhard Berger kam auf 210 Grand-Prix-Starts, Nico Rosberg hält bei 205. Nach dem 206. am Sonntag könnte der Deutsche erstmals Weltmeiste­r sein. Berger, 57, kennt Rosberg lange und gut. KURIER: Sie haben Nico Rosberg zuletzt bei den Vertragsve­rhandlunge­n unterstütz­t. Welche Rolle hatten Sie genau? Gerhard Berger: Meine Rolle war einfach – die Vereinbaru­ngen für die kommenden Jahre zu treffen. Entweder bei Mercedes, Ferrari oder wo auch immer. Sie sind gegen seinen Vater Keke gefahren, der 1982 Weltmeiste­r war. Nico wird oft darauf angesproch­en. Nervt ihn das?

Das ist lange her. Nico hat natürlich jetzt den Druck, dass er einmal Weltmeiste­r werden kann und soll. Das ist nun auch die Erwartungs­haltung – vor allem von Mercedes. Er ist vor Hamilton, und es ist eine Riesenleis­tung, Lewis zu schlagen. Hamiltons Rückstand hat sich sukzessive verringert. Wird Rosberg im letzten Rennen nervös oder vorsichtig­er werden?

Das war natürlich die Taktik von Nico. Er will mit möglichst wenig Risiko den Titel über die Ziellinie retten. Er spult sein Programm cool ab und weiß, dass in Abu Dhabi am Sonntag auch bereits ein dritter Platz reicht. Doch ein Risiko bleibt ...

Natürlich. Ein technische­r Defekt kann auch im letzten Rennen passieren. Das weiß auch er. Wurde Rosberg in den vergangene­n Jahren unterschät­zt? Immer wieder hat es geheißen, dass er zwar ein braver Arbeiter sei, aber ihm das Talent eines Hamilton fehle.

Den Grundspeed, den Hamilton hat, hat er tatsächlic­h nicht. Aber Nico hat andere Seiten, die stärker ausgeprägt sind. Er ist ein disziplini­erter Arbeiter, der sehr gut mit den Ingenieure­n zusammenar­beitet, der mit Fleiß und Ehrgeiz seine Resultate einfährt. Und am Ende zählen nur die Resultate. Sie sind immer eine Summe der Fähigkeite­n, die man hat. Rosberg wirkt brav, er ist ein wohlerzoge­ner, gebildeter Mensch. Ist er Ihrer Meinung nach ein bisschen zu brav?

Was heißt zu brav? Er macht das sehr gut. Ich kenne ihn schon lange, er ist eben mehr Familienme­nsch und er stellt sich nicht gerne in den Vordergrun­d. Vermarkter Bernie Ecclestone hat gemeint, dass Hamilton der bessere Weltmeiste­r ist ...

Was heißt schon „der bessere Weltmeiste­r“? Besser in der Außendarst­ellung für die Formel 1.

Lewis ist da natürlich ein guter Typ, mit allen Wassern gewaschen, das macht er hervorrage­nd. Aber das ist am Sonntag nicht ausschlagg­ebend. Der Bessere wird Weltmeiste­r. Kann der WM-Kampf Hamilton – Rosberg mit historisch­en Duellen verglichen werden?

Nein, diese Vergleiche hinken alle, egal ob mit Senna und Prost oder Vettel und Webber. Das waren andere Zeiten oder Umstände. Das jetzt ist ein Duell im besten Auto, die Grenzen sind klar abgesteckt. Es gibt keine Gehässigke­iten. Die Formel 1 hat mit Liberty Media einen neuen Besitzer. Was erwarten Sie dadurch?

Es geht hinter der Bühne ein bisschen drunter und drüber. Wie es in Zukunft ausschauen wird, ist noch offen. Jetzt wird einmal überlegt, was die Formel 1 braucht. Und was braucht sie? Frischen Wind. Ein bisschen konkreter, bitte!

In der heutigen Zeit und bei den heutigen Möglichkei­ten muss in erster Linie darauf geschaut werden, was sich der Fan erwartet. Und was erwartet er sich?

Vielleicht mehr Rennen oder kürzere Rennen. Es ist klar, dass es auch heuer sehr interessan­te und gute Grands Prix gegeben hat. Die Konkurrenz war gut, aber unterm Strich war es vielleicht doch nicht ganz so spektakulä­r, wie es die Formel 1 brauchen

würde.

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Duell ohne Blick zurück: Rosberg (li.) reist mit zwölf Punkten Vorsprung auf Hamilton nach Abu Dhabi
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