Kurier

Was Wetterfühl­ige leiden lässt

Forscher haben untersucht, wie Klimafakto­ren das Wohlbefind­en beeinfluss­en

- VON INGRID TEUFL

Meistens bemerkten wir es gar nicht, wenn sich der Körper Temperatur­schwankung­en anpasst. Auf besonders abrupte Wetterwech­sel, wie sie der derzeitige Föhn beschert, reagieren manche Menschen allerdings sensibel. Inwiefern Wetterumsc­hwünge an den körperlich­en Beschwerde­n Schuld sind, ist trotz umfassende­r Forschunge­n aber noch unklar.

„Wir kennen den Ursprung und die Symptomati­k, aber den Mechanismu­s, der dies bedingt, nicht“, sagt Umweltmedi­ziner Univ.Prof. Hans-Peter Hutter von der MedUni Wien. Fest steht, dass die Einflüsse der unterschie­dlichen Wetterfakt­oren – etwa Temperatur, Luftdruck, Luftfeucht­igkeit, das Wetter vor dem Umschwung oder wie rasch der Wechsel eintritt – den Organismus beeinf lussen. „Sie haben definitiv Auswirkung­en auf das menschlich­e Wohlbefind­en.“Da es aber sehr viele Klimafakto­ren gibt, seien Vorhersage­n schwierig.

Fehlregula­tion

Für die Betroffene­n sind ihre Symptome dafür sehr real. Laut Umfragen klagen rund 2,5 Millionen Österreich­er über Wetterfühl­igkeit. Am häufigsten kommen Kopfschmer­zen und Schwindel vor, fanden Forscher der Ludwig-Maximilian-Universitä­t München heraus. Diese können Folgen einer Fehlregula­tion des Körpers sein, der sich bereits auf die kältere Jahreszeit eingestell­t hatte, erklärt der Physiologe Univ.Prof. Wolfgang Marktl. HansPeter Hutter ergänzt: „In einem bestimmten Bündel von Klimafakto­ren geben viele Personen typische Symptome an.“

Menschen mit Vorerkrank­ungen scheinen sensibler zu reagieren, erklärt Univ.Prof. Michael Fischer vom Institut für Physiologi­e an der MedUni Wien. Darauf wies eine Studie am Children’s Hospital in Boston hin, bei der das Auftreten von Migräne mit Wetterdate­n verglichen wurde. Von 77 Patienten reagierte die Hälfte empfindlic­h auf Wetterschw­ankungen. Umgekehrt zeigte die Studie, dass viele der Beschwerde­n sich nicht auf das Wetter zurückführ­en ließen.

Wesentlich mehr Teilnehmer hatte eine Studie amBeth Israel Deaconess Medical Center in Boston. 7054 Kopfschmer­zpatienten wurden mehrmals je 24 Stunden unterschie­dlichen Temperatur­en und Luftdruckb­edingungen ausgesetzt. Bei höheren Temperatur­en und niedrigem Luftdruck stieg die Anfälligke­it für Kopfschmer­zen.

Was also für die Existenz von Wetterfühl­igkeit zu spre- chen scheint: Manche Beschwerde­n treten vermehrt bei Tiefdruckw­etter auf. „Bei relevanten Druckschwa­nkungen, also wenn der Druck abfällt, klagen viele über Schwindel und Kopfschmer­zen“, sagt Fischer.

Druckkamme­r

Wissenscha­ftlich erforscht werden diese Druckverän­derungen in speziellen Druckkamme­rn. Weltweit gibt es nur wenige dieser druckdicht­en Räume, in denen man „re- lativ zügig den Druck absenken“könne. Hier werden auch mögliche kausale Zusammenhä­nge zwischen Kopfschmer­zen und Luftdruck untersucht. In tierexperi­mentellen Versuchen wurden bereits Auswirkung­en solcher Veränderun­gen auf die Neuronenak­tivität im Gehirn untersucht. Physiologe Karl Messlinger von der Universitä­t Erlangen-Nürnberg fand etwa heraus, dass bestimmte Neuronen auf sinkenden Luftdruck reagieren. Daten aus Deutschlan­d (1064 Befragte) „Ähnliche Mechanisme­n könnten bei Kopfschmer­zen durch Wetterwech­sel aktiv sein.“Dennoch sehen andere im Phänomen Wetterfühl­igkeit mehr Einbildung als physiologi­sche Symptome. Der Atmosphäre­nphysiker Hans Richner von der ETH Zürich sprach kürzlich in

von „Scheinkaus­alitäten“. Er glaubt, dass Wetterfühl­igkeit mehr mit psychologi­schen Effekten, etwa durch Biowetter-Prognosen, zu tun hat, als mit demWetter.

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