Kurier

Hofer ein Nazi? Van der Bellen Kommunist?

Schwachsin­n. Einer der beiden muss als Staatsober­haupt zunächst die riesige Aufregung einfangen.

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Ein Österreich­er, der ein paar Monate im Ausland war und dabei auch keine sogenannte­n sozialen Medien genossen hat, würde sich bei der Rückkehr in seine Heimat schön wundern: Wie bitte, da kandidiert ein Nazi gegen einen Kommuniste­n um das höchste Amt im Staat? Was ist denn da los?

Nur zur Klarstellu­ng: Herr Hofer ist kein Nazi und Herr Van der Bellen kein Kommunist. Die ehemals staatstrag­enden Parteien SPÖ und ÖVP hatten keine attraktive­n Kandidaten, die beiden erfolgreic­heren Herren sind ideologisc­h weit auseinande­r. Aber wir Bürger haben die Wahl, bestens, also wählen wir aus.

Erschrecke­nd ist das Klima, das überwiegen­d über Facebook und Co verbreitet wird. Hier machen nicht die viel zitierten Verlierer der Globalisie­rung, sondern Mitglieder des Establishm­ents wie der Abgeordnet­e und ExSiemens-Manager Deimek die Puls4- Moderatori­n Corinna Milborn herunter – „sehr blond“– wobei es noch viel schlimmere Kommentare gab. Journalist­en sollen eben unter Druck gesetzt werden. Politiker haben sich immer gewünscht, ihre Botschafte­n ungefilter­t zu vertreiben. Per Facebook können sie das auch, aber vieles stimmt nicht. Die Demokratie lebt von kritischen Fragen und der Aufdeckung von Skandalen. Dafür braucht es unabhängig­en Journalism­us notwendige­r denn je.

Außenminis­ter Kurz meint, wir hätten „ein wahnsinnig­es Problem mit Political Correctnes­s“. Nein, wir haben ein Problem mit fehlendem Anstand, wenn Menschen auf Facebook als Tiere bezeichnet werden.

Einer der beiden Herrn wird Bundespräs­ident. Seine erste Aufgabe wird sein, für anständige­re Debatten und Ruhe im Land zu sorgen. Gezündelt wurde jetzt genug.

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