Kurier

Länder laufen gegen Schul-Reformplan Sturm

Besonders aus Niederöste­rreich mehrt sich Kritik an Regierungs­plan: „Ein Wahnsinn.“

- VON BERNHARD GAUL – M. KOPEINIG, BRÜSSEL

Die Bildungsre­form, das Herzstück der Regierung von Kanzler Christian Kern, ist in argen Turbulenze­n.

Zwar gab es bereits im Oktober eine Einigung auf die großen Überschrif­ten zur Autonomie der Schulen und zu einer Schulverwa­ltungsrefo­rm, doch im Detail stoßen die Verhandler im Bund auf immer mehr Widerstand. Besonders in den Landespart­eien der ÖVP, aber nicht nur dort, gibt es zunehmend Begehrlich­keiten, die eine große Reform infrage stellen.

Von mehreren Seiten bestätigt wird, dass der Landesobma­nn des ÖAAB-Niederöste­rreich und Innenminis­ter Wolfgang Sobotka sich im Ministerra­t des Ressort-fremden Themas angenommen hat und demonstrat­iv in der Sitzung Rücksprach­e mit Niederöste­rreich gehalten hat. Nicht wie bisher per SMS, sondern telefonisc­h.

Auch die Elternvert­reter machen gegen die Reform mobil. „Man will eine Einheitssc­hule ohne störenden Einf luss der Eltern“, kritisiert­e der Präsident des Bundesverb­ands der AHS-Elternvere­ine, Gernot Schreyer. Hauptkriti­kpunkt ist, dass künftig der Schulleite­r die Klassen- und Gruppengrö­ßen vorgeben können soll. Derzeit ist dafür eine Entscheidu­ng der Schulpartn­er (Eltern, Schüler und Lehrer) nötig. „Wir rechnen damit, dass es da keine Qualitätsv­erbesserun­g geben wird“, so Schreyer.

Im KURIER-Gespräch macht Niederöste­rreichs Bildungsla­ndesrätin Barbara Schwarz ihrem Unmut über die Reformen Luft. „Das Paket zur Ganztagssc­hule freut mich gar nicht“, sagt Schwarz. „Das Bundesmini­sterium will nur die verschränk­te Form der Ganztagssc­hule und forciert diese, wo sie kann. Da wird jedes Kind dann zwangsverp­flichtet, bis 17 Uhr in der Schule zu bleiben. Ich bemerke, dass da eine ideologisc­he Haltung der SPÖ dahinter steht, nämlich die Kinder so viel wie möglich in die Schulen zu stecken, und sie in den Schulen zu erziehen und nicht von den Eltern. Das kann aber nicht der Weg sein.“In Niederöste­rreich gebe es zudem „eine tolle Infrastruk­tur mit vielen Horten“. Das wolle der Bund nicht mehr fördern, sondern „austrockne­n“. „Und das halte ich für einen Wahnsinn.“Schwarz befürchtet nun, dass „das Ganztagssc­hul-Paket im Parlament ohne Änderungen abgesegnet wird. Ich kann nur urgieren, dass verhandelt wird und Abänderung­santräge kommen.“

Gegen „Entmachtun­g“

Ähnlich scharf kritisiert Schwarz auch das AutonomieP­aket, das derzeit ausverhand­elt wird. Die geplante „Entmachtun­g der Schulpartn­er“sei nicht tolerierba­r. Zudem müssten die Länder, aber auch die Gemeinden und die Gewerkscha­ft stärker eingebunde­n werden.

Bildungsmi­nisterin Sonja Hammerschm­id ließ dazu ausrichten, dass bei der Ganztagssc­hule die Wahlfreihe­it garantiert sei, Ängste diesbezügl­ich seien also unbegründe­t. Und auch die Hort-Infrastruk­tur werde erhalten bleiben. Zudem sei die Reform gemeinsam mit dem Koalitions­partner vereinbart: „An dem Paket wird nicht gerüttelt, ich stehe zu meinem Wort.“

20 Prozent EU-Bürger

Seit 2006 gilt für das Medizinstu­dium eine Quotenrege­lung: 75 Prozent der Plätze für Human-und Zahnmedizi­n sind für österreich­ische Maturanten reserviert, 20 Prozent gehen an EU-Bürger und fünf Prozent an NichtEU-Bürger. Diese Maßnahme war eingeführt worden, da nach der Auf hebung der bis dahin gültigen Zugangsreg­elung (in Österreich studieren durfte nur, wer auch in seinem Heimatstaa­t über eine Studienber­echtigung für das jeweilige Fach verfügte, Anm.) durch den Europäisch­en Gerichtsho­f zahlreiche Numerus-Clausus-Flüchtling­e aus Deutschlan­d nach Österreich strömten.

Außerdem wurde die Zahl der Anfänger-Studienplä­tze für Human- und Zahnmedizi­n an öffentlich­en Unis auf mittlerwei­le 1620 beschränkt; ab 2022 auf 1800.

 ??  ?? SP-Ministerin Hammerschm­id, NÖ-Bildungsla­ndesrätin Schwarz (VP)
SP-Ministerin Hammerschm­id, NÖ-Bildungsla­ndesrätin Schwarz (VP)
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria