Kurier

Van der Bellen war teils zu technisch und abstrakt

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Medientrai­ner Gerald Gross sagt: „Das Duell war sehr viel untergriff­iger, als ich erwartet habe. Ich hätte gedacht, dass die beiden so kurz vor der Amtsüberna­hme staatstrag­end auftreten werden. Mit dieser wenig staatsmänn­ischen Art der Auseinande­rsetzung haben sie dem Amt des Bundespräs­identen keinen Gefallen getan.“

Van der Bellen sei zwar weniger aggressiv als Hofer gewesen, „aber dennoch auch angriffig und mitunter polemisch“. Mit seinem Angriff auf Ursula Stenzel, die Van der Bellens Vater als Nazi bezeichnet hatte, „hat Van der Bellen Hofer überrascht“, sagt Gross. Darauf hin habe Hofer gleich die „Kommunismu­skeule“gegen Van der Bellen ausgepackt.

Bei der Beantwortu­ng von Sachfragen hätten sich die beiden deutlich voneinande­r unterschie­den, befindet Gross. Während Hofer Schwarz-Weiß-Antworten bevorzuge, habe Alexander Van der Bellen hat in der Art eines Professors abstrakt vor sich hin philosophi­ert, zum Beispiel über den Wert einer Staatsbürg­erschaft oder über die amerikanis­che Verfassung. Gross: „Van der Bellen bemühte sich, ehrliche, abwägende Antworten zu geben.“Dadurch seien die Botschafte­n und Aussagen Van der Bellens kaum hängen geblieben. Gross glaubt, dass Van der Bellen mit diesem letzten Fernseh-Auftritt nichts mehr für sich bewegen konnte.

OGM-Chef Wolfgang Bachmayer sieht das ähnlich: „Van der Bellen ist für solche Diskussion­sformate mit Eineinhalb-Minuten-Beiträgen nicht wirklich prädestini­ert.“Auch die Präsentati­on des Fotos seines toten Vaters habe aufgesetzt gewirkt. Die für ihn heiklen Vorwürfe der Rüstungssp­ionage in jungen Jahren habe er aber mit einem „Das ist ja lächerlich“wegschiebe­n können, befindet Bachmayer.

Mit Gerald Gross ist er einer Meinung, dass Van der Bellen manche Themen zu technisch behandelt habe, Hofer habe das hingegen emotional getan. „Beim Entzug der Staatsbürg­erschaft sagt Hofer, österreich­ische Dschihadis­ten sollten sie verlieren. Van der Bellen argumentie­rt mit der Rechtslage, die das erschwert – und führt auch noch aus, dass auch Mörder die Staatsbürg­erschaft behalten würden.“

Nachteil für Ex-Grünen

Ähnlich sei das bei der Frage gewesen, wen Van der Bellen als Bundespräs­ident in die Opernball-Loge einladen würde. Er habe das künftige deutsche Staatsober­haupt Frank-Walter Steinmeier genannt, Hofer habe „meine Frau“geantworte­t.

Damit habe er gegenüber Van der Bellen den Vorteil gehabt, als „normaler Familienme­nsch“zu erscheinen – und nicht als „Mitglied des politische­n Establishm­ents“, was er ja am einstigen GrünenChef kritisiert.

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