Putins Jahresbotschaft als Signal für eine vierte Amtszeit
Der russische Präsident feiert die Erfolge in einem „schweren Jahr“und ist für Dialog und gegen unerbetene Ratschläge
Die Jahresbotschaft des russischen Präsidenten an beide Kammern des Parlaments, die Wladimir Putin gestern in Moskau vor über tausend handverlesenen Gästen im stuckvergoldeten Georgensaal des Großen Kremlpalastes verlas, war bereits seine 13. und der inoffizielle Startschuss für den Wahlkampf. Noch hat sich der Kremlchef zwar nicht festgelegt, ob er für eine vierte Amtszeit antreten will. Manches in seiner Rede – knapp eine Stunde und 15 Minuten – deutete indes darauf hin.
Zwar sind die Jahresbotschaften stets eine Bilanz des Erreichten und ein Ausblick auf das kommende Jahr. Zwar sei 2016 ein schweres Jahr gewesen, sagte Putin und meinte die anhaltende Rezession. Ursachen seien jedoch nicht die Sanktionen, mit denen der Westen „uns zwingen wollte, nach seiner Pfeife zu tanzen“, sondern eigene Fehler: Abhängigkeit von Rohstoff-Exporten, ein schlechtes Investitionsklima und Korruption.
„Positive Dynamik“
Die makroökonomische Stabilität sei jedoch gewahrt worden, in einzelnen Branchen gebe es sogar eine „positive Dynamik“. So hätten Russlands Gegensanktionen – gemeint war der im Sommer 2014 verfügte Einfuhr- stopp für europäische Lebensmittel – die russische Landwirtschaft international konkurrenzfähig gemacht. Ihre Exporte – zu Jahresende werden 16,9 Mrd. Dollar erwartet – würden mehr in die Kassen spülen als die der Rüstungsindustrie. Einheimische Banken hätten, nach- dem der Westen russischen Unternehmen den Zugang zu seinen Finanzmärkten sperrte, die Kreditausfälle kompensiert. Die Gold- und Devisenreserven der Zentralbank seien 2016 wieder gestiegen, die Reservefonds würden sich erneut füllen. Die Inf lation, die 2015 bei über 15 Pro- zent lag, werde 2016 sechs Prozent nicht überschreiten.
Die Herausforderungen, mit denen Russland konfrontiert war, so Putin, „haben uns noch stärker gemacht“. Gemeint waren auch die DopingVorwürfe, für die vielen russische Athleten mit Startverbot bei den Olympischen Spielen in Rio und bei den Paralympics zahlten. Schon Anfang 2017, so Putin, werde Russland ein nationales Anti-Doping-Programm vorlegen, das zu den „weltweit fortgeschrittensten“gehören werde.
Im außenpolitischen Teil seiner Rede ging es Putin angesichts der Verwerfungen im Verhältnis zum Westen vor allem um die Feststel- lung, dass Russland nicht die Konfrontation mit Feinden, sondern Freunde und den Dialog suche. Freunde auf der Basis des gegenseitigen Respekts. Ohne Verzicht auf eigene Interessen und ohne unerbetene Ratschläge.
Moskau und Washington würden gemeinsam die Verantwortung für Sicherheit und Stabilität in der Welt tragen. Russland sei daher zur Zusammenarbeit mit der neuen US-Administration bereit. Priorität habe jedoch die eurasische Zusammenarbeit und Partnerschaft, vor allem mit der UdSSR-Nachfolgegemeinschaft GUS und den Staaten der Pazifikregion.