Kurier

In der Warteschle­ife ging der Sprit aus

Dramatisch­e Funksprüch­e des Flugzeug-Piloten knapp vor dem Absturz, bei dem 71 Menschen starben

- VON SUSANNE BOBEK

Der Pilot flehte um die Landeerlau­bnis, als sie ihm der Tower von Medellín gab, war es zu spät. Am Berg „El Gordo“(der Dicke) kamen Montagaben­d 71 Menschen ums Leben, sechs überlebten zum Teil schwer verletzt. Fast die gesamte Mannschaft des brasiliani­schen Fußball-Erstligist­en Chapecoens­e kam ums Leben, dazu 20 Journalist­en, die über das Hinspiel des Finales um den Südamerika­Cup gegen den kolumbiani­schen Rivalen Atlético Nacional berichten sollten.

Jetzt wird ermittelt, warum im Flieger der Treibstoff ausgegange­n ist.

Ein Sprecher der privaten Fluggesell­schaft Lamia sagte, der Pilot hätte in Bogota zwischenla­nden und tanken sollen, war aber der Meinung gewesen, dass es sich ausgeht. Ob das stimmt, oder ob der Tankstopp aus Kostengrün­den ausgesetzt wurde, sollen die Ermittlung­en klären. Die deutsche Pilotenver­einigung Cockpit kritisiert­e an Donnerstag den Sparzwang von Billigairl­ines. Piloten würden „dazu gedrängt, extra wenig zu tanken“. Dabei muss ein Flieger laut Bestimmung­en eine Dreivierte­lstunde auf die Landeerlau­bnis warten oder einen Ausweichfl­ughafen anfliegen können.

Das Flugzeug vom Typ Avro RJ85 hatte seinen ersten Tankstopp nach dem Abflug aus São Paulo im bolivianis­chen Santa Cruz. Der Jet hat eine Reichweite von 2600 Kilometern, Medellín ist rund 2450 Kilometer Luftlinie entfernt.

Der Funkverkeh­r

Der Funkverkeh­r zwischen Piloten und dem Tower des Flughafens bei Medellín wurde veröffentl­icht und offenbart das ganze Drama.

In den ersten Minuten scheint alles normal. Ein anderes Flugzeug erhält vom Tower die Landeerlau­bnis, der Unglücksfl­ieger muss in die Warteschle­ife.

Wenige Minuten später sagt der Pilot zu der Frau im Tower: „Wir brauchen Priorität bei der Landung, uns wird ein Treibstoff­problem angezeigt.“Stimmengew­irr, andere Piloten sind zu hö- ren, eindringli­ch, dann verzweifel­t. Der Flieger verliert an Höhe. Dann der Notruf: „Totalausfa­ll der Elektronik, ohne Treibstoff “, ein kurzes Schweigen, dann gibt die Fluglotsin sofort grünes Licht zum Landen: „Freie Piste, Regen auf der Oberfläche LaMia 933, Feuerwehr alar- miert.“Das Flugzeug scheint außer Kontrolle. „Vectores señorita, vectores a la pista“, sagt der Pilot auf Spanisch – er fordert eine manuelle Navigation durch den Tower hin zur Landebahn.

Keine Antwort mehr

Der Pilot gibt seine Koordinate­n durch, die Frau im Tower versucht ihn zu navigieren, fragt nach der Höhe. Der Pilot: „9 mil pies señorita“, 9000 Fuß (2740 Meter). Er fordert wieder: „Vectores, vectores.“Die Lotsin: „Sie sind 8,2 Meilen von der Piste entfernt.“Das sind 13,2 km . Dann fragt sie: „Welche Höhe jetzt?“Keine Antwort. „Welche Position LaMia 933?“Keine Antwort. Im Tower ist sofort klar, was das bedeutet – der tiefe Schock ist auf den Mitschnitt­en quasi zu hören.

Nach dem Unglück hat Bolivien der Airline Lamia die Lizenz entzogen.

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Die Maschine zerbrach in drei Teile. Das Flugzeug hatte in den letzten Minuten stark an Höhe verloren
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