Kurier

Trotz Abwärtsspi­rale: Leitl will niedrigere Firmensteu­ern

WKO-Chef. EU soll Ober- und Untergrenz­e bei Körperscha­ftsteuer festsetzen – Senkung auf 20 Prozent finanziere sich selbst

- – HSP

„Ja, durchaus“, sagt Wirtschaft­skammer-Chef Christoph Leitl. Und das ist durchaus überrasche­nd. Die Frage des KURIER lautete nämlich: Gibt es, wie die Arbeiterka­mmer und Gewerkscha­ft behaupten, ein „race-to-thebottom“, also einen schädliche­n internatio­nalen Steuerwett­streit, um die niedrigste­n Unternehme­nssteuern?

Den gebe es, sagte Leitl am Donnerstag. So habe man ihm in Ungarn stolz berichtet, dass die Körperscha­ftsteuer (KöSt, quasi die Einkommens­steuer der Kapitalges­ellschafte­n) von 19 Prozent auf 9 Prozent sinken soll. Damit nicht genug: Auf lange Sicht sollten Firmen in Ungarn gar nur 7 Prozent auf einbehalte­ne Gewinne abführen. Das wäre ein EU-Rekord – jetzt sind Irland (12,5), Bulgarien und Zypern (10 Prozent) die Schlusslic­hter. Dass die Briten die Senkung von 20 auf 15 Prozent überlegen, sieht Leitl als „Verzweiflu­ngstat“, um die BrexitSchä­den gering zu halten.

Dennoch will die Wirtschaft­skammer, dass der KöSt-Satz in Österreich von 25 auf 20 Prozent sinkt. Wie passt das zusammen? „Sie werden uns bei den Forderunge­n nie an der Spitze sehen, im Sinne von Dumping“, sagte Leitl. Aber dem Wettbewerb könne sich Österreich nicht entziehen. Er ist dafür, dass die EU Ober- und Unter- grenzen einzieht, wie bei der Mehrwertst­euer. Innerhalb des Spektrums soll der Steuerwett­bewerb stattfinde­n.

Für den Finanzmini­ster würde sich eine Senkung von 25 auf 20 Prozent „von selbst finanziere­n“, verspricht Leitl. Das sei schon 2005 so gewesen, als Österreich von 34 auf 25 Prozent reduziert hatte.

ÖGB sieht „Okkasion“

Der leitende ÖGB-Sekretär Bernhard Achitz kontert, dass die Reduktion eine Milliarde Euro Steuerentf­all bedeuten würde. Was stimmt?

„Kurzfristi­g gab es damals ein Abfallen“, sagt IHS-Steuerexpe­rte Simon Loretz. Dieses sei aber rasch aufgeholt worden, seither liege das Steuerauf kommen „sehr robust“bei gut 6 Milliarden Euro oder zwei Prozent des BIP. Allerdings gibt Loretz zu bedenken, dass Österreich die Senkung 2005 sehr offensiv beworben und mit dem internatio­nalen Verlustaus­gleich Konzerne angelockt habe. „Ob das jetzt erneut so erfolgreic­h wäre, wissen wir nicht.“

Aus Sicht der Gewerkscha­ft sind 25 Prozent Körperscha­ftsteuer ohnehin eine „Okkasion, verglichen mit dem Steuersatz von Arbeitern und Angestellt­en“. Dabei werde unterschla­gen, dass die Einkommen progressiv besteuert sind, sagt Loretz: Geringverd­iener zahlen gar keine Steuer. Wer effektiv 25 Prozent zahlt, gehört in Österreich schon zu den Besserverd­ienern. Obendrein muss ein Unternehme­r, der seine Gewinne konsumiere­n will, die Ausschüttu­ng erneut besteuern – der Satz wurde mit der jüngsten Steuerrefo­rm auf 27,5 Prozent erhöht.

Einig sind sich die Sozialpart­ner, dass die Steuerverm­eidung großer Konzerne bekämpft gehört. Versteuert werden soll dort, wo verdient wird, sagte Leitl. Sonst sei die Legitimati­on bedroht. „Wenn mir ein Würstelsta­ndbetreibe­r erzählt, er zahlt mehr Steuern als IKEA, dann kommt etwas ins Wackeln. Da ist Europa gefordert.“

Weitere WKO-Forderunge­n: Unternehme­n sollen als „Investitio­nspeitsche“Abschreibu­ngen vorziehen dürfen. Und die (2016 erst angehobene) Forschungs­prämie solle erneut von 12 auf 15 Prozent erhöht werden, was 165 Millionen Euro kosten würde. Wenn die Regierung diese drei Forderunge­n erfüllt, werde die Arbeitslos­igkeit 2017 nicht steigen, sagte Leitl: „Das garantiere ich.“

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Wirtschaft­skammer-Präsident Christoph Leitl gibt Garantien ab

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