Kurier

Die Wiener Spitäler versinken im Machtkampf der SPÖ

Gesundheit­sstadträti­n Wehsely muss den KAV reformiere­n. Aus den eigenen Reihen kommt Widerstand.

- VON ELIAS NATMESSNIG

Der Wiener Krankenans­taltenverb­und (KAV) droht immer mehr zum Spielball der Politik zu werden. Ausgangspu­nkt ist ein Rohbericht des Rechnungsh­ofs, der schonungsl­os offenlegt, dass der KAV nicht mehr zeitgemäß geführt wird.

So werden Finanzen und Personal nach wie vor im Magistrat verwaltet. Der vermeintli­ch mächtige KAV-Generaldir­ektor Udo Janßen ist streng genommen nur ein Abteilungs­leiter der Stadt. Allerdings mit einem außerorden­tlich hohen Gehalt.

Der Rechnungsh­of empfiehlt daher der Stadt gleich an mehreren Stellen im 104 Seiten langen Bericht, den KAV aus dem Magistrat auszuglied­ern. Auch weil betriebswi­rtschaftli­ch wichtige Bereiche wie das Controllin­g oder ein zentraler Einkauf fehlen. Immerhin kauft der KAV um knapp eine Milliarde Euro ein, dennoch braucht ein Beamter im Einkauf nur eine Matura. „Der soll dann mit Experten der Pharmafirm­en verhandeln. Sie können sich denken, wie die Verhandlun­gen ausgehen“, sagt ein Insider.

Befeuert wird die Diskussion durch die Wiener Struktur- und Ausgabenre­form (WiStA), die zum Ziel hat, die Stadtverwa­ltung effiziente­r zu machen. Gesundheit­sstadträti­n Sonja Wehsely sagte zuletzt im Gemeindera­t, dass man bereits an einer Studie für die Ausglieder­ung arbeite, eine Entscheidu­ng soll im ersten Quartal 2017 fallen. Ob diese jedoch wirklich kommt, ist fraglich. Denn gegen die Ausglieder­ung gibt es Widerständ­e.

Einerseits im KAV selbst, in dem nicht alle die Reformen mit Nachdruck betreiben wollen. Viele Ärzte machen hinter vorgehalte­ner Hand vor allem Janßen und dessen Führungsst­il für die aktuelle Krise verantwort­lich. Im Vorfeld des Ärztestrei­ks forderte die Ärztekamme­r „Veränderun­g im inkompeten­ten KAV-Management.“

Machtverlu­st

Aber auch im Magistrat selbst dürfte eine Ausglieder­ung des KAV nicht nur positiv gesehen werden. Denn mit einem Schlag würden die mächtigen Rathausbea­mten 30.000 Mitarbeite­r und da- mit die Hälfte des gesamten städtische­n Personalst­ands verlieren. Ein von Finanzund Personalpl­anung erleichter­ter Magistrat bräuchte nicht mehr so viele Mitarbeite­r. Gerade im WiStA-Prozess könnten Jobs wackeln.

Nachfolged­ebatte

Dazu kommt die politische Komponente. Seit Monaten wird in der SPÖ um die Nachfolge von Bürgermeis­ter Michael Häupl gerungen. Sowohl Wehsely als auch Wohnbausta­dtrat Michael Ludwig werden Ambitionen nachgesagt. Daher schossen Vertraute Ludwigs, wie etwa Simmerings Bezirksvor­steher Harald Troch , bereits scharf gegen Wehsely.

Täglich werden neue Gerüchte gestreut: AmDonnerst­ag etwa kursierte in sozialen Medien die Meldung, dass das schwer verzögerte Krankenhau­s Nord gar nicht fertig gebaut werde. Der KAV dementiert­e umgehend.

Dass Wehsely in dieser angespannt­en Lage nun auch noch die Ausglieder­ung des KAV beschließe­n muss, dürfte ihr kaum gelegen kommen. Denn auch von der mächtigen roten Gewerkscha­ft ist Gegenwind zu erwarten. Würden die Beamten ausgelager­t, könnten die Personalve­rtreter massiv an Einf luss verlieren. In einem offenen Brief an Michael Häupl machten sie bereits ihrem Unmut Luft.

Es könnte daher sein, dass Wehsely nun ihren Generaldir­ektor Janßen opfern muss, um selbst aus dem Schussfeld zu geraten. Denn selbst in der KAV-Generaldir­ektion ist die Zufriedenh­eit mit dem Generaldir­ektor enden wollend.

Bei einer Umfrage gab jeder vierte der 300 Mitarbeite­r an, über einen Jobwechsel nachzudenk­en.

Auch Bürgermeis­ter Michael Häupl hinterfrag­te in einem KURIER-Interview bereits die Leistung von Janßen.

Eine Argumentat­ionslinie Wehselys könnte daher lauten: Janßen sei zwar geholt worden, um das Spitalskon­zept 2030 umzusetzen – nicht aber für die Ausglieder­ung. Dafür brauche man einen neuen Generaldir­ektor, der das Know-How für die Umwandlung in ein eigenständ­iges Unternehme­n hat.

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Die Wiener Spitäler sollen zeitgemäß verwaltet werden. Doch von vielen Seiten gibt es heftigen Widerstand
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Historiker Rathkolb, Martin Margulies (Grüne), Mailath-Pokorny
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Herausford­erung für Wehsely

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