Bilbao-Effekt und Globalisierung
Helsinki bekommt kein neues Kunstmuseum nach dem Vorbild des New Yorker Guggenheim
Nach jahrelanger Diskussion jetzt das endgültige Aus: Helsinki bekommt doch keine Dependence des Guggenheim-Museums. Der Stadtrat hat Donnerstag dagegen entschieden, obwohl ein erklecklicher Teil des 130 Millionen Euro teuren Projektes ohnedies privat finanziert worden wäre.
Und obwohl andere Städte weit spendabler waren bei Investitionen in die Kunst: So ließ sich etwa Lyon sein vor zwei Jahren eröffnetes Musée des Confluences von Coop Himmelb(l)au sogar 300 Millionen Euro kosten.
Bilbao-Effekt
Richard Armstrong, Direktor der Guggenheim-Stiftung in New York, sieht die Entscheidung gegen ein neues Museum für moderne Kunst in der finnischen Hauptstadt als „eine Reaktion gegen die Globalisierung“.
Ableger des 1939 gegründeten New Yorker „Solomon R. Guggenheim Museums“an der 5th Avenue gibt es bisher in Venedig und Bilbao. In Planung ist außerdem ein Museumsbau des Star-Architekten Frank Gehry in Abu Dhabi, wo Jean Nouvels architektonisch spektakuläre Louvre-Filiale schon fast fertig ist.
Die Hoffnung auf den „Bilbao-Effekt“ist vielerorts ungebrochen. Denn in den 80er-Jahren war die größte Stadt im spanischen Baskenland eine sterbende Industrieregion ohne Perspektive.
Bis sich ein Wunder ereignete: Durch das 1997 fertig gestellte Guggenheim Museum hat sich die Stadt in eine Tourismus- und Architekturmetropole verwandelt – mit rund einer Million Besuchern pro Jahr. Was Bilbao vorgemacht hat und weltweit nach- geahmt wird, funktioniert aber nicht immer.
Das seit 2010 bestehende Centre Pompidou in Metz – ein Haus für alle Formen zeitgenössischer Kunst und Filiale des Centre Georges Pompidou in Paris – kämpft mit sukzessive sinkenden Besucherzahlen.
Dabei sollte der mit der Marke „Centre Pompidou“versehene Kunsttempel in einem zeltartigen 70-Millionen-Euro-Bau von Shigeru Ban und Jean de Gastines Stadt und Region den Kulturtourismus bescheren, der schon Bilbao aus der wirtschaftlichen Misere half.
Aber sogar gelungene Ausstellungen wie die mit den Wandbildern Sol Le- Witts, die Schau „1917“, „Paparazzi“oder „Der Blick von oben“konnten den Trend nach unten in der Besucherstatistik nicht auf halten.
Die Vorstellung, ein architektonisches Highlight könnte eine Stadt attraktiv machen, führte auch in der sonst recht tristen nordfranzösischen Bergbau-Stadt Lens, 200 Kilometer nördlich von Paris, zum 150 Millionen Euro teuren ZweitLouvre. „Kultur statt Kohle“heißt es in der 35.000-Einwohner-Stadt bei Lille.
Die japanischen Architekten Kazuyo Sejima und Ryue Nishizawa der Agentur SANAA haben 2012 luftig-transparente Flachbauten aus Glas und Aluminium mit 7000 m2 Ausstellungsfläche – fünf ineinander übergehende Vierecke, insgesamt 350 Meter lang – in den Park auf eine ehemalige Kohlehalde gestellt. Dort gibt es – im Gegensatz zu Metz – auch eine ständige Sammlung: Der Pariser Louvre zeigt in Lens viele seiner Schätze und tauscht jährlich 20 Prozent der Ausstellungsobjekte aus, was in den ersten drei Jahren nach der Eröffnung insgesamt zwei Millionen Besucher brachte.
INTERNET
www.centrepompidou-metz.fr www.louvrelens.fr